Venezuela

Öffentlicher Sender TVes feiert dreimonatiges Bestehen

Direktorin zieht positive Bilanz und hofft auf steigenden Zuspruch. Entwicklungsziele sind ein menschlicheres Programm und demokratische Kopplung mit der Gesellschaft.

Am 28. Mai dieses Jahres übernahm der öffentliche Sender Televisora Venezolana Social (TVes, auch: "Du siehst dich") die landesweite Frequenz des privaten Senders RCTV, der sein Programm allerdings weiterhin über Satellit und Kabel ausstrahlt (wir berichteten ausführlich). TVes ist ein Unterhaltungs- und Erholungsprogramm mit der Verpflichtung auf den Grundsatz des Respekts vor der Menschlichkeit.

Die Direktorin des neuen Senders, Lil Rodríguez, zieht eine positive Bilanz der ersten drei Monate und sieht noch große Potentiale für das junge Projekt. Die sieht ihre Einrichtung noch auf der Suche: "Nichts war vorgedacht, es gab in der Vergangenheit nichts Vergleichbares. Es ist eine völlig neuartige Erfahrung. Auf dieser Grundlage schreiten wir vorwärts". Mit Bezug auf die weltweite Berichterstattung gegen die angebliche Schließung von RCTV fügte sie hinzu: "Wir haben es geschafft, aus den Politik-Seiten der Zeitungen heraus zu kommen und in den Rubriken für Kultur, Veranstaltungen und Recherche wahrgenommen zu werden, entsprechend der Aufgabe von TVes."

TVes ist verpflichtet, ausschließlich auf unabhängige Produktionen zurückzugreifen. Dabei habe man erste Erfahrungen gesammelt, die ersten Fehler begangen und die ersten Erfolge gefeiert. Es sei gelungen, mit den unabhängigen Produzenten des Landes und aus dem Ausland gute Beziehungen aufzubauen. Außerdem habe man sportliche Großereignisse wie die Copa América oder aktuell die Basketball-Meisterschaft auf den Bildschirm gebracht. Momentan werden drei wichtige Eigenproduktionen vorbereitet: eine Telenovela, eine Miniserie für Jugendliche und eine Live-Musikshow.

Politisch gehe es darum, "mit dem Paradigma des verkommenen, entfremdenden Fernsehens zu brechen und ein neues Fernsehen zu erfinden". Das werde etwa dadurch deutlich, das "bei uns nicht geschrien, nicht angegriffen, nicht beleidigt, nicht diskriminiert und nicht verletzt wird, und dass wir unsere eigene Kultur bewahren. Wir sind ein freundliches Fernsehen, das keine Werte, Emotionen oder Gefühle eintrichtert, die gegen die menschliche Natur gerichtet sind."

Die Einschaltquoten werden von den konventionellen Messungen mit 9% angegeben. Rodríguez zeigt sich damit zufrieden, zweifelt aber an der Belastbarkeit dieser Zahlen. Die Umfrage-Verfahren hätten oft Probleme mit neu hinzugekommenen Kanälen, das sein auch bei den Ergebnissen für die lokalen Stadtteilsender deutlich geworden. Jedenfalls geht sie davon aus, dass der Zuspruch noch steigen wird. "Wir glauben, dass durch den Übergang von RCTV zu TVes auf Kanal 2 offene Wunden geblieben sind. Das ist für viele eine Frage des Stolzes. Wir wollen mehr Menschen gewinnen, dafür arbeiten wir. Wir wollen ein Publikum anziehen, das ein besseres Fernsehen verdient."

Dazu sollen auch die Abstimmung mit Komitees der Zuschauer und der Produzenten dienen, die über Entscheidungen des Kanals beraten und abstimmen sollen. Dies dient dem bei der Gründung erklärten Ziel, durch die Gründung von TVes die Medienlandschaft weiter zu demokratisieren.

"Die Menschen müssen sich selbst und uns eine Chance geben", betont Rodríguez, "Viele Menschen sind sich nicht über den bolivarischen Sozialismus im Klaren, ahnen aber dennoch, dass er ein brauchbarer Vorschlag ist. Genauso verhält es sich mit TVes".


Quelle: Nachrichtenagentur ABN