Venezuela

Tauziehen um Manuel Rosales

Interpol erhält Verhaftungsgesuch aus Venezuela. Zuständige Richterin bedroht. Verfahren gegen weitere Bürgermeister eröffnet

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Tauziehen um Manuel Rosales
Manuel Rosales im Jahr 2008

Caracas. In Venezuela spitzt sich die öffentliche Debatte um die Flucht des ehemaligen Bürgermeisters von Maracaibo, Manuel Rosales, weiter zu. Die privaten Medien des Landes dokumentierten ausführlich die Argumente seiner Rechtsanwälte, während linke Medien und die Regierung den Politiker aufforderten, sich einem ordentlichen Verfahren in Venezuela zu stellen. Nachdem in den vergangenen Wochen bereits verschiedene mit dem Fall befasste Richter und Staatsanwälte Drohungen erhielten, attackierten Unbekannte das Haus der zuständigen Richterin in Maracaibo. In einem Schreiben, das die Täter hinterließen, wird ihr gedroht, sie "wie Danilo" in die Luft zu sprengen. Der Staatsanwalt Danilo Anderson war im November 2004 mit einer Bombe getötet worden, nachdem er begonnen hatte gegen Personen zu ermitteln, die am Putsch gegen Hugo Chávez im April 2002 beteiligt waren.

In der vergangenen Woche eröffneten verschiedene Staatsanwaltschaften weitere Verfahren wegen Korruption gegen ehemalige Amtsträger und hohe Verwaltungsangestellte. Unter anderem wurde der ehemalige Bürgermeister von Caracas und Politiker der regierenden PSUV, Juan Barreto, am Mittwoch vorgeladen, um zu finanziellen Unregelmäßigkeiten bei Projekten in seiner Amtszeit Stellung zu nehmen. Barreto erklärte, die Ermittlungen gingen auf seine eigene Anzeige zurück und verwies auf politische Motive seitens der Staatsanwaltschaft. Mit General Baduel war im März bereits ein prominenter ehemaliger Unterstützer von Hugo Chávez verhaftet worden. Baduel war wenige Wochen nach seiner Ablösung als Verteidigungsminister überraschend in die Opposition gegangen. Kurz darauf wurde bekannt, dass ein Ermittlungsverfahren wegen Veruntreuung und Korruption gegen ihn lief. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei ehemalige Gouverneure, darunter ein ehemaliges PSUV-Mitglied und ein Vertreter der Opposition. Anders als von vielen bürgerlichen Medien vermittelt, ist das Spektrum der Beschuldigen politisch äußerst heterogen. Gemeinsam ist ihnen nur, dass sie ihre Unschuld beteuern und sich zu Opfern einer politischen Kampagne erklären.

In der Sache Rosales führt die Staatsanwalt deutlich umfangreichere Ermittlungen, als in vielen Medien bisher vermittelt wird. Unter anderem geht es um Unregelmäßigkeiten bei der Vertragsvergabe und dem Bau der U-Bahn in Maracaibo durch die deutsche Firma Siemens. Im Zentrum der Ermittlungen stehen zwei Firmen des ehemaligen Gouverneurs und Bürgermeisters. Alleine über das Unternehmen RTC International Group soll Rosales 31 Millionen US-Dollar ins Ausland transferiert haben. Er soll Anteile an 13 in den USA gemeldeten Firmen besitzen. In Venezuela wird die Finanzierung von 7 Wohnkomplexen, einem Einkaufszentrum sowie großen Ländereien aus dem Besitz des Politikers überprüft. Außerdem geht die Staatsanwaltschaft der Möglichkeit nach, dass Rosales weiteren "versteckten" Besitz über Angehörige erworben hat. Bisher war in der Öffentlichkeit hauptsächlich von 800.000 Dollar nicht registriertem Devisenbesitz, dem Ankauf von 400 Rindern aus öffentlichen Mitteln für den Privatbesitz und von der rechtswidrigen Verteilung von 200 Dienstwagen zur privaten Nutzung die Rede.

Unterdessen informierte der Anwalt von Manuel Rosales, das peruanische Kongressmitglied Javier Valle Riestra, dass der Beschuldigte sich am Montag mit dem peruanischen Außenminister und Kanzler, José Antonio García Belaunde, treffen wird. Dabei soll es um die Möglichkeit eines politischen Asyls für den venezolanischen Oppositionspolitiker gehen. Angesichts der Tatsache, dass in Peru bereits zwei Justizflüchtlinge aus Venezuela Unterschlupf fanden, gehen die meisten Kommentatoren davon aus, dass Peru sich der Behauptung, Rosales werde aus politischen Gründen verfolgt, anschließen könnte. Das Land beherbergte bereits den ehemaligen Gouverneur des venezolanischen Bundesstaates Yaracuy, Eduardo Lapi, der vor einem Verfahren wegen Korruption flüchtete. Außerdem fand Carlos Ortega, ehemaliger Chef des Gewerkschaftsverbandes CTV zeitweise in Peru Unterschlupf. Er hatte den Putschversuch gegen die Regierung im April 2002 und den Unternehmerausstand 2003 maßgeblich mit organisiert. Ortega verlor später sein Asylrecht in dem mittelamerikanischen Land Costa Rica, weil er wiederholt öffentlich zum Sturz der gewählten Regierung in Caracas aufrief, die er als "kommunistisches Faschistenregime" bezeichnete.

Ein ähnliches Schicksal könnte auch Manual Rosales drohen. Im Verlauf einer Live-Sendung aus Lima griff der UNT-Politiker am Mittwoch die Regierung in Caracas scharf an. Er bezeichnete Chávez als "Kohlkopf" und "Feigling". Chávez sei "hasserfüllt", hätte "blutige Hände" und führe ein "diktatorisches und totalitäres Regime". Zu den erhobenen Vorwürfen äußerte er sich nur insofern, dass er bereits seit den 1970er Jahren Grundbesitz hatte, der seit 1997 legalisiert sei. Auf die Ausfälle reagierte am Freitag die peruanische Regierung und ermahnte ihn, er solle Peru nicht als politische Plattform missbrauchen. Aber nicht nur seine Äußerungen könnten ein Asylverfahren verhindern. Sollte Interpol das Gesuch auf eine Verhaftung zulassen, dass der venezolanische Generalstaatsanwalt am Donnerstag an die internationale Polizeibehörde schickte, würde dies den Entscheidungsspielraum der peruanischen Regierung deutlich einschränken.


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