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Protest gegen Berlins Kolumbien-Bündnis

Präsident Uribe in Deutschland: Merkel lobt "Verbesserung der Menschenrechte". Aktivisten erinnern indes an Opfer politischer Gewalt

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Protest gegen Berlins Kolumbien-Bündnis
Uribes Armee mordet, Merkels Truppe salutiert: Alvaro Uribe schreitet die Ehrenformation ab

Berlin/Bogotá. Nach dem zweitägigen Besuch des kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe Vélez in Deutschland haben Regierung und Menschenrechtsorganisationen eine unterschiedliche Bilanz gezogen. Während die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin nach Angaben der "Deutschen Welle" eine "Verbesserung der Menschenrechtslage" in Kolumbien unter der Regierung von Uribe lobte, protestierten zahlreiche Organisationen gegen den Gast aus Südamerika.

Uribe war nach dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos am Samstag in der deutschen Hauptstadt eingetroffen. Am ersten Tag seines Besuches kam er mit der christdemokratischen Regierungschefin zusammen. Auf dem Programm stand ebenso ein Treffen mit dem Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU). Uribe sprach zudem mit Vertretern des Lateinamerika-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.

Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Kolumbiens in der Europäischen Union. Das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten betrug bereits 2007 rund 1,8 Milliarden Euro. Kanzlerin Merkel war auch deswegen schon im Rahmen ihrer Lateinamerika-Reise im Mai vergangenen Jahres in Kolumbien zu Besuch. Ende vergangenen Jahres dann kam der CDU-Politiker Ole von Beust in Bogotá mit Uribe zusammen.

Während die Bundesregierung nun eine positive Bilanz des Gegenbesuchs zog, kam von Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsgruppen Kritik. Bevor über Handelsabkommen gesprochen werde, müsse Präsident Uribe dafür sorgen, dass sich die Menschenrechtssituation in seinem Land deutlich verbessert, sagte Alexandra Huck von dem Verein Kolumbienkoordination (kolko) mit Sitz in Berlin. Eine solche Verbesserung der Menschenrechtslage sei bislang nur in den offiziellen Statistiken zu erkennen. Tatsächlich seien in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Kolumbien 70.000 Menschen getötet und vier Millionen vertrieben wurden.

"Angela Merkel sollte sich ein Beispiel an der Politik des US-amerikanischen Kongresses nehmen", forderte Huck. Der Kongress in Washington blockiert weiterhin ein Handelsabkommen der USA mit Kolumbien wegen der schlechten Menschenrechtslage unter Präsident Alvaro Uribe.

Am Samstag hatten vor dem Bundeskanzleramt in Berlin rund 100 Mitglieder sozialer Bewegungen gegen die Politik der kolumbianischen Regierung protestiert. Die Mahnwache für die Opfer der politischen Gewalt wurde von rund einem Dutzend Organisationen unterstützt, darunter Amnesty International und zahlreiche kirchliche Entwicklungsorganisationen.

"Wenn die Bundeskanzlerin und die Parteispitzen sich mit Präsident Uribe treffen, müssen Menschenrechtsfragen ein zentrales Thema sein", sagte die Kolumbien-Referentin des katholischen Hilfswerkes MISEREOR, Susanne Breuer. Auch das Militär sei in Kolumbien für die "massiven Menschenrechtsverletzungen" verantwortlich. "Seit Jahren hören wir von Morden an Zivilisten durch das Militär", so Breuer.

Im Hinblick auf die geplanten Gespräche mit Wirtschaftsvertretern in Berlin betonten die Hilfswerke, Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen stellten in Kolumbien auch für die Wirtschaft eine Herausforderung dar. In vielen Fällen stünde die Gewalt in Zusammenhang mit wirtschaftlichen Interessen an Land und Boden. Ein Beispiel sei die wachsende Produktion von Palmöl in der Pazifikregion, die von Deutschland gefördert wird.

Neben konservativen Vertretern der deutschen Regierung war Präsident Uribe in Berlin auch mit dem Vorsitzenden der Partei Die Linke, Gregor Gysi, zusammengekommen. Gysi stellte dem kolumbianischen Gast dabei Fragen zur politischen Verfolgung linker Oppositioneller.

Am Sonntag bekräftigte die entwicklungspolitische Sprecherin der Linken, Heike Hänsel, diese Position. "Angela Merkel muss ihre Unterstützung der Regierung Uribe beenden", sagte sie. Hänsel wies auf die rund 1400 extralegalen Hinrichtungen durch die kolumbianische Armee im Jahr 2007 hin. Diese habe unlängst auch der Menschenrechtsrat der UNO thematisiert.

Die Abgeordnete der Linken begrüßte zugleich die jüngste Freilassung mehrerer politischer Gefangener durch die FARC-Guerilla. "Wir hoffen darauf, dass diese Initiative von der Regierung zum Anlass genommen wird, endlich in Verhandlungen über einen humanitären Gefangenenaustausch einzutreten", sagte Hänsel.


Bildquelle: REGIERUNGonline/Kühler