Iran / Lateinamerika

Strategische Allianzen

Iran vertieft seine Beziehungen nach Lateinamerika

Caracas. Am gestrigen Donnerstag beendete der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad seinen vierten offiziellen Staatsbesuch in Venezuela. Gleichzeitig markierte der Aufenthalt in Caracas das Ende einer längeren Auslandsreise des Iraners. Sie hatte zum Ziel, die Beziehungen zwischen Teheran und befreundeten Regierungen in der Region zu vertiefen, neues außenpolitisches Terrain zu erschließen und Unterstützung für die iranische Atompolitik einzuwerben.

Letztere erhielt Ahmadinedschad auch in Brasilien, wo er am Montag mit seinem Amtskollegen Inazio Lula da Silva zusammentraf. Der Brasilianer, dessen Land ebenfalls über Atomtechnologie verfügt, verteidigte das Recht des Iran auf ein eigenes Nuklearprogramm und lehnte eine Isolierung des Landes ab. Der Iraner schlug seinerseits vor, Brasilien möge im Nahost-Konflikt vermitteln.

Anschließend reiste Ahmadinedschad nach Bolivien weiter. Der dortige Präsident Evo Morales fand ebenfalls unterstützende Worte für seinen Gast, erinnerte an das international anerkannte Recht auf die friedliche Nutzung der Atomenergie und verglich die gemeinsame Situation mit der Bedrohung, die von den neuen US-Basen in Kolumbien ausgeht. Die beiden Staatsoberhäupter besichtigten unter anderem eine Milchfabrik, die mit iranischer Hilfe in Bolivien entstanden ist. Sie soll die Lebensmittelversorgung im ärmsten Land des Kontinents verbessern.

Ein ähnlich harmonisches Bild zeigte sich in Caracas. Gastgeber Hugo Chávez demonstrierte seine bekannte Sympathie gegenüber Ahmadinedschad und berichtete der Öffentlichkeit von den langen und intensiven Gesprächen, die er mit seinem Gast über die laufenden 68 Gemeinschaftsprojekte geführt hat. Eines davon war Teil der gemeinsamen Pressekonferenz, die der Fernsehsender TeleSur am Mittwochabend (Ortszeit) weltweit live übertrug. Per Satellitenschaltung wurde die Übergabe von 4000 mit iranischer Hilfe fertiggestellter Wohnungen gezeigt. Insgesamt werden 10000 Wohneinheiten entstehen, die helfen sollen, das Problem der Überbevölkerung an der Nordwest-Küste von Venezuela zu lösen. Chávez führte weiterhin aus, dass er mit Ahmadinedschad - und seine Minister mit der 70köpfigen Unternehmerdelegation aus dem Iran - bereits weitere Vorhaben angesprochen haben. Er sprach mehrmals von "strategischen Allianzen", die Venezuela und Iran auf verschiedenen Gebieten miteinander verbinden. Darüber hinaus beschwor der Comandante der Bolivarianischen Revolution den gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus und gegen die Angriffe Israels.

Ebenso wie in Brasilia kam es auch in Caracas zu Protesten gegen den Besuch von Ahmadinedschad. Dazu aufgerufen hatten die jeweiligen Oppositionsparteien und jüdische Organisationen, die neben Irans Atompolitik auch die Äußerungen des iranischen Präsidenten zum Holocaust ablehnen.

Knapp eine Woche vor dem Iraner bereiste Israels Staatsoberhaupt Shimon Peres Lateinamerika, um den bevorstehenden Besuch Ahmadinedschads zu konterkarieren. So versuchte er, Brasilien davon abzubringen, seinen Gegenspieler zu empfangen. Israel wertet die Zusammenarbeit Venezuelas und Brasiliens mit dem Iran als eine "schwere strategische Bedrohung", berichtet die Presseagentur AP. Peres sagte über das weitere Schicksal von Chávez und Ahmadinedschad: "Sie werden nicht bleiben, aber nicht etwa weil irgendjemand von uns sie umbringen wird, sondern weil ihre eigenen Völker ihrer überdrüssig werden." Allen Staaten, die auf Beziehungen zu Venezuela und Iran setzen, riet der Israeli: "Bedenken Sie: das sind Transitpassagiere. Das ist eine Kurzbeziehung. Also verschwenden Sie nicht so viel Zeit mit ihnen."

Die Tragfähigkeit der iranisch-lateinamerikanischen Beziehungen wird sich ab Dezember zeigen. Dann entscheidet sich, ob und welche Sanktionen der Westen gegen den Iran wegen seines Nuklearprogramms verhängen wird.