Vom 23. bis zum 30. Juli fand in der "Universidad de la Tierra" (Cideci) am Stadtrand von San Cristóbal de las Casas in Chiapas, Mexiko, das Festival "CompArte por la Humanidad"1(CompArte für die Menschheit). Mit dem Ziel, "Räume und Bedingungen zu schaffen, damit die Kunst und ihre respektlose Herausforderung, sich eine andere Welt vorzustellen, die Menschheit feiern kann", nahmen in dieser Woche mehr als 1.445 Kunstschaffende aus 45 Ländern an der Veranstaltung teil. Sie verliehen ihren Gedanken und Ideen durch Theater, Tanz, Musik, Poesie und Workshops Ausdruck. Ursprünglich hatte die Zapatistische Nationale Befreiungsarmee (EZLN) zu dem Treffen eingeladen. Jedoch schien das Projekt zwischenzeitlich zu scheitern, als die Zapatisten ihre eigene Teilnahme in Solidarität mit den andauernden Lehrerstreiks im Land zunächst absagten, um ihre Ressourcen stattdessen den Lehrern zur Verfügung zu stellen. Schnell erklärte sich allerdings die Cideci-Gemeinschaft dazu bereit, die Idee des Festivals fortzuführen und so die Umsetzung der Veranstaltung zu sichern.
Die künstlerische Vielfalt, die sich den Besuchern in dieser Woche bot, war enorm. Das Angebot reichte von politischen Diskussion über Workshops bis hin zu Kabarett. Eine Sache einte jedoch alle Kunstformen: Das Ziel, auf die weltweit herrschende Ungleichheit aufmerksam zu machen. Einige Teilnehmer präsentierten unter anderem Kurzbeiträge zur Gewalt gegen Frauen, zum gewaltsamen Verschwindenlassen oder der in Mexiko herrschenden Straflosigkeit. Der Verlag Quimantú aus Chile trug Poesie über den Widerstand in Lateinamerika vor. Das mexikanische Kollektiv Karakola zeigte ein Theaterstück über genetisch veränderten Mais, das sie gemeinsam mit den Zapatisten des autonomen Verwaltungszentrums La Garrucha geschrieben haben. Die ganze Woche über fanden auf dem Gelände Workshops statt, in denen Teilnehmer ihre Kenntnisse vermitteln oder erweitern konnten. Auch Fotoausstellungen und kleine Stände, an denen man handgefertigte Souvenirs kaufen konnte, verteilten sich über das gesamte Gelände. Und natürlich spielte auch Musik eine große Rolle. Feministische Rap-Texte oder traditionelle Musik aus Guerrero schufen ein Ambiente, das zum Verweilen anregte.
"Für uns Zapatistas sind die Künste eine Hoffnung der Menschheit, keine militante Zelle. Wir denken, dass in diesen schwierigsten Momenten mit der meisten Desillusion und Ohnmacht, einzig die Künste in der Lage sind, die Menschlichkeit zu feiern", hieß es in einem der Kommuniqués, das die EZLN im Vorfeld der Veranstaltung veröffentlichte. Und so haben sie sich dann trotz fehlender finanzieller Mittel aus Überzeugung doch noch organisiert, um die Kunst, die sie für das CompArte vorbereitet hatten, zu präsentieren. Dafür luden sie am 29. Juli zunächst ins autonome Verwaltungszentrum Oventik ein. Vor Ort erwartete die angereisten Teilnehmer ein ähnlich breit gefächertes kulturelles Angebot, wie man es parallel dazu im Cideci antreffen konnte. Die Veranstalter boten Handwerkskunst an, führten auf der großen Bühne eigens kreierte Theaterstücke und Tänze zu zentralen Ereignissen der Geschichte des Zapatismus vor und boten den angereisten Gästen traditionelle und moderne Musik.
Zu Beginn des Veranstaltungstages, noch bevor der Einlass begann, marschierten jedoch zunächst die Soldaten der EZLN auf. Schnell wurde deutlich, dass es heute nicht nur um die Kunst gehen sollte, sondern dass auch die Geschlossenheit, Selbst-Organisation und Autonomie der Zapatisten vermittelt werden sollte. So hatten die Organisatoren auch für ein Team aus Ärzten samt Krankenwagen sowie für ein eigenes Kamerateam gesorgt.
Mehr als fünfhundert Kunstschaffende aus verschiedenen zapatistischen Gemeinden präsentierten an diesem Tag unter den Augen von hunderten Gästen ihre Kunst. Zum Abschluss nutzte EZLN-Sprecher Subcomandante Moisés noch einmal die Gelegenheit, um die aktuellen Geschehnissen in Chiapas zu verurteilen und die Einladung zu vier weiteren Veranstaltungen zu erneuern. Diese werden in den kommenden zwei Wochen im Rahmen des CompArte in den vier weiteren autonomen Verwaltungszentren der Zapatisten in Chiapas stattfinden.
Das Festival im Cideci endete am vergangenen Samstag mit dem Auftritt der bekannten mexikanischen Ska-Band Panteon Rococo.
- 1. CompArte ist ein Wortspiel: Comparte ist der Imperativ des Verbs "compartir" – teilen – und beinhaltet gleichzeitig das wort "arte" – Kunst – wie auch "compa", also compañero – Genosse. Daraus resultiert der Name des Festivals "CompArte por la Humanidad"