Mexiko bleibt gefährlichstes Land für Journalisten

Drogenkrieg fordert bis zu 125.000 Tote und Verschwundene. Vor allem Journalisten von der Gewalt betroffen. Unklarheit über Statistiken

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Bilder von ermordeten Journalisten in Mexiko
Die Fotocollage der mexikanischen Seite animalpolitico.com zeigt ermordete Journalisten aus Mexiko

Mexiko-Stadt. Mexiko bleibt das weltweit gefährlichste Land für Journalisten. Laut der kürzlich erschienenen Jahresbilanz des US-amerikanischen Komitees

zum Schutz von Journalisten gelten in Mexiko seit 2005 zwölf Journalisten als vermisst. Auf der Liste folgen Russland mit acht Fällen sowie die Demokratische Republik Kongo, Irak und Ruanda mit jeweils zwei Fällen.

Anderen Statistiken zufolge werden hingegen höhere Vermisstenzahlen gemeldet: So zählt die mexikanische Nationale Kommission für Menschenrechte (CNDH) 14 verschwundene Journalisten. Der seit 1987 in Großbritannien ansässige Verband "Articulo 19" listet 13 verschwundene Journalisten seit dem Jahr 2000 auf, darunter auch Fälle, die das Komitee zum Schutz von Journalisten in seinem Bericht nicht nennt.

Auch bei den Morden an Journalisten steht Mexiko ganz oben in den Ranglisten. In Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes beziffert "Articulo 19" die Zahl der ermordeten Journalisten seit dem Jahr 2000 auf 66, die CNDH spricht sogar von 76. Die gefährlichsten Bundesstaaten hierbei sind Tamauplias (elf Todesfälle), Chihuahua (zehn), Veracruz (neun) und Guerrero (acht). Im vergangenen Jahr fanden laut Reporter Ohne Grenzen (ROG) sechs Journalisten ihren Tod in Mexiko. "Oft werden sie grausam verstümmelt. Die Behörden gehen den Morden selten nach, kaum ein Täter wird bestraft", schreibt ROG.

Bewaffnete Angriffe auf Medieneinrichtungen, sei es mit schweren Feuerwaffen oder explosivem Material, summieren sich auf bis zu 33 in den letzten 13 Jahren. Mehrheitlich werden Journalisten in lokalen Redaktionen Opfer von Gewaltverbrechen. Unklar ist, in wie vielen Fällen das organisierte Verbrechen oder der mexikanische Staat selbst verantwortlich sind.

Bei den Vermisstenmeldungen und Todesfällen im Medienbereich liegen meist noch nachvollziehbare Untersuchungen und Erklärungen vor. Im seit Jahren laufenden ''Krieg gegen die Drogenkartelle'' sind die Statistiken jedoch äußerst undurchsichtig: Die Regierung hat im Januar vergangenen Jahres die Zahl der Toten seit dem Amtsantritt Felipe Calderóns im Dezember 2006 bis September 2011 auf 47.515 beziffert. Rund 44 Prozent der Toten seien jedoch in nur 2,4 Prozent des Territoriums zu beklagen gewesen.

Vor zwei Wochen dann veröffentlichte Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong die Zahl von 70.000 Toten. Zugleich musste er laut der Tageszeitung El Universal zugeben, dass es sich bei der Zahl um eine konservative Schätzung handelt, da nicht mehr offizielle Daten zur genaueren Schätzung zur Verfügung stünden. Regierungsunabhängige Studien sprechen derweil von weit höheren Zahlen. Die italienische NGO Líbera ermittelte dementsprechend 116.000 Tote, die dem Krieg gegen die Drogenkartelle zugerechnet werden müssen. Die Washington Post zitierte im November 2012 einen Bericht, der von 100.000 Toten und 25.000 Verschwundenen spricht. Er sei ihr von der mexikanischen Generalstaatsanwalt zugespielt worden. Die Regierung hat den Bericht jedoch nie bestätigt.

Erst kürzlich teilten offizielle mexikanische Stellen mit, dass eine Liste mit den Namen von 27.523 während Calderóns Amtszeit verschwundenen Personen existiert. Unter Verwendung dieser Daten soll nun ein Nationales Register für Verschwundene eingerichtet werden.