Ecuador / Politik

Ecuador untersucht Polizeirevolte von 2010

Untersuchungsausschuss übergibt Ergebnisse nach einjähriger Arbeit an Staatsanwaltschaft. "Wunsch des Landes, die Wahrheit zu kennen"

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Kommission zu den Ereignissen des 30. September 2010
Kommission zu den Ereignissen des 30. September 2010

Quito. Der Untersuchungsausschuss über die Polizeirevolte in Ecuador vom 30. September 2010 hat seinen Abschlussbericht an den

Generalstaatsanwalt des Landes, Galo Chiriboga, übergeben. Bei einer Pressekonferenz am Montag wurde eine Zusammenfassung der Ergebnisse vorgestellt. Demnach handelte es sich bei dem fraglichen Geschehen um einen versuchten Staatsstreich.

"Die Verantwortlichen sind politische Akteure, Organisationen von Polizisten und Militärs außer Dienst, Sektoren der Polizei und Mitglieder des Militärs sowie mit internationalen Mächten verbundene örtliche Kräfte, welche die Ereignisse auch teilweise außerhalb des Landes planten", erläuterte das Mitglied des Ausschusses, Oscar Bonilla.

Der Ausschussvorsitzende Carlos Baca hob ergänzend die Einflussnahme wirtschaftlicher Akteure innerhalb und außerhalb des Landes hervor, die an der Störung der strukturellen Umgestaltung des Landes durch die linksgerichtete Regierung von Präsident Rafael Correa interessiert seien. Diese Destabilisierung sei nicht isoliert von den antidemokratischen Prozessen in der Region zu sehen.

Eine zentrale Rolle bei den Schlussfolgerungen des Berichts spielt die Simultanität der teilweise chaotischen Ereignisse. Beispielhaft werden die Niederlegung der Arbeit durch Polizeieinheiten in verschiedenen Teilen des Landes, die Unterbrechung des öffentlichen Fernsehsenders Ecuador TV, die Besetzung des Flughafens und der Polizeikaserne in Quito durch meuternde Soldaten, Aufrufe zur Besetzung des Parlamentes sowie eine Medienkampagne genannt. Ferner saß Präsident Correa zeitweilig im von revoltierenden Polizisten kontrollierten Polizeihospital fest und musste von Militäreinheiten in blutigen Gefechten befreit werden.

Nachdem die Regierung Ecuadors mit breiter Unterstützung der Bevölkerung die Lage wieder unter Kontrolle gebracht hatte, vertraten verschiedene Kräfte des Landes und einige internationale Medien, dass es sich nicht um einen Putschversuch gehandelt habe, sondern lediglich um Proteste aufgebrachter Polizisten mit gewerkschaftlichen Forderungen. Die Unzufriedenheit sei durch ein Tage zuvor verabschiedetes Gesetz hervorgerufen worden, das die Beförderungen im Polizeidienst neu regelte.

Das erklärte Ziel der Untersuchungskommission, die ein Jahr gearbeitet hat und von Präsident Correa ins Leben gerufen wurde, war es, die Hintergründe und die Einordnung der Ereignisse vom 30. September 2010 einer gerichtlichen Klärung zuzuführen. Laut dem Innenministerium wurden bis heute mehr als 900 Polizeibeamte administrativ bestraft und es gab mindestens 130 Strafverfahren. In 85 dieser Fälle wurde eine Beteiligung an einem Putschversuch zurückgewiesen.

Der Ausschussvorsitzende Baca betonte bei der Übergabe von etwa 70.000 digitalisierten und Orginaldokumenten sowie von Video-und Audiodateien, dass man eine gründliche und objektive Untersuchung des Sachverhalts mit dem klaren Verständnis erstellt habe, dass die Funktion des Untersuchungsausschusses nicht gerichtlicher Art war. Entsprechend sollten die Ergebnisse für die Staatsanwaltschaft lediglich eine technische und rechtliche Unterstützung bieten und drückten den Wunsch des Landes aus, die Wahrheit über die Ereignisse letztlich aus der Sicht der Strafjustiz wissen zu wollen.