Kolumbiens Präsident besucht Deutschland

Santos wirbt in Europa um Unterstützung für Friedensprozess. Deutsche Regierung gewährt Millionenkredite. Kolumbiens Armee steigt in EU-Missionen ein

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Kolumbiens Präsident Santos wurde von Bundeskanzlerin Merkel mit militärischen Ehren empfangen
Kolumbiens Präsident Santos wurde von Bundeskanzlerin Merkel mit militärischen Ehren empfangen

Berlin. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos ist am Mittwoch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin zusammengekommen, um für Unterstützung für seine Regierung zu werben.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen sicherte Merkel Santos bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt ihre Unterstützung für den Friedensprozess zu. Die CDU-Politikerin sprach von einem mutigen Friedensdialog. "Ich wünsche diesem Prozess Erfolg", sagte Merkel, die Verständnis für die langwierigen Verhandlungen zeigte. Zwei Jahre seien für einen Konflikt, der schon über 50 Jahre andauere, keine lange Zeit, um ihn zu überwinden, sagte sie, ohne jedoch weiter darauf einzugehen, dass gerade die Regierung von Santos auf ein rasches Ende gedrängt und wiederholt mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht hatte.

Santos merkte mit Blick auf den Mauerfall vor 25 Jahren an, Deutschland verstehe, was Versöhnung und Wiederaufbau bedeuteten. "Wenn wir den Frieden in Kolumbien erreichen, dann wird das Folgen haben, die über unsere Grenzen hinausgehen", sagte der Staatsgast.

Kolumbiens Präsident hatte seine Europa-Reise am Montag in Madrid begonnen, wo er von Ministerpräsident Mariano Rajoy und König Felipe VI. empfangen wurde. Nach dem Besuch in Berlin wird der konservative Politiker nach Portugal, Frankreich und Großbritannien weiterreisen. Am Dienstag fanden in Brüssel Gespräche mit Mitgliedern der Europäischen Kommission statt. Ihnen unterbreitete der kolumbianische Präsident den Vorschlag, einen "Fonds zur Finanzierung der Post-Konflikt-Ära" zu schaffen.

Vor seiner Abreise hatte Santos sich davon überzeugt gezeigt, dass es den "starken Wunsch" Europas gebe, den Frieden in Kolumbien zu unterstützen. Daraus leite sich die Bereitschaft für einen Beitrag zur Beilegung des seit 50 Jahren andauernden bewaffneten Konfliktes ab. Er wolle in Europa die für die Friedensgespräche seiner Regierung mit der FARC-Guerilla wichtige internationale Unterstützung stärken.

Kurz vor dem Besuch von Santos in Berlin waren neue Details über die militärische Kooperation zwischen dem südamerikanischen Land und der EU bekannt geworden. Ungeachtet des offiziellen Friedensdiskurses versucht Santos mit seiner EU-Reise demnach auch, militärische Dienstleistungen anzubieten. Seine Regierung steht dabei unter einem erheblichen Druck: Sollte der Konflikt mit der Guerilla beendet werden, müsste ein Großteil der rund 550.000 Soldaten anderweitig beschäftigt werden. Laut den Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (Drucksache 18/2926) im Bundestag – die amerika21 vorab vorlagen – leistet Kolumbien schon jetzt polizeiliche und militärische Ausbildungshilfe in 47 Staaten. Nun wird die massiv aufgerüstete Armee auch in EU-Missionen einsteigen. Nach Auskunft der Bundesregierung hat das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) der EU am 17. Oktober 2014 beschlossen, "Kolumbien einzuladen, sich als Drittstaat an der geplanten zivilen, nicht-exekutiven Mission EUAM Ukraine zu beteiligen“. Zudem könne sich Kolumbien "als erste Maßnahme die Entsendung einer Fregatte zur Mission Atalanta (vor dem Horn von Afrika) vorstellen". Dies wäre, so fügt die Bundesregierung an, eine Entlastung für die europäischen Streitkräfte und würde derzeit geprüft.

Bereits im Vorfeld des Berlin-Besuches hat die bundesdeutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Kolumbien ein Darlehen in Höhe von 100 Millionen US-Dollar bewilligt. In einer Pressmitteilung der KfW vom Montag heißt es, die Entwicklungsbank habe Kolumbien im Auftrag des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen Förderkredit zugesagt, "um den Friedensprozess in dem südamerikanischen Staat zu unterstützen". Zwei weitere Darlehen seien in den Jahren 2015 und 2016 vorgesehen. Damit würden "konkrete Reformmaßnahmen zur Umsetzung der kolumbianischen Friedensagenda" gefördert. Die Auszahlung sei an die Erfüllung vereinbarter Reformschritte zur Friedensentwicklung gekoppelt.

Deutschland ist Kolumbiens wichtigster Handelspartner in der EU und importiert unter anderem Steinkohle, Erdöl und Erdgas sowie Nahrungs- und Futtermittel. Umgekehrt ist Kolumbien einer der wichtigsten Abnehmer deutscher Maschinen und Anlagen, chemischer Erzeugnisse und Fahrzeuge in Lateinamerika. Ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kolumbien ist seit dem 1. August 2013 in Kraft.