Chile / Politik / Soziales / Kultur

Rezension: Las Niñas Quispe – Ein Film von Sebastián Sepúlveda

quispe_1.jpg

Digna Quispe, Francisca Gavilán, Catalina Saavedra im Film Las Niñas Quispe
Digna Quispe, Francisca Gavilán, Catalina Saavedra im Film Las Niñas Quispe

Basierend auf einer wahren Geschichte aus dem Jahr 1974 erzählt der Film Las Niñas Quispe vom Leben dreier Schwestern, die in den Weiten des chilenischen Altiplanos Schafe und Ziegen hüten. Ihr Alltag in der kargen Einsamkeit der Hochebene wird vom Tod der vierten Schwester und von politischen Entwicklungen überschattet, deren Auswirkungen die Schwestern vor existenzielle Fragen stellen.

Las Niñas Quispe ist der erste Spielfilm des Regisseurs Sebastián Sepúlveda. Er greift wahre Ereignisse auf, die in Chile zur Legende geworden sind. Ziel Sepúlvedas war es, einen Film über die Würde von Justa, Lucia und Luciana Quispe zu drehen. Drei starke Frauen, die der indigenen Volksgruppe Coya im Norden Chiles angehören und deren Tiere einen entscheidenden Teil ihrer Existenz ausmachen. 4.000 Meter über dem Meeresspiegel leben sie unter asketischen Bedingungen fernab jeglicher Zivilisation in der Zeit kurz nach dem Putsch Augusto Pinochets 1973. Trotz räumlicher und sozialer Isolation streckt die Diktatur ihre grausamen Fühler nach den Schwestern und ihren Tieren aus. Wie ein Echo aus der Ferne vernehmen die Frauen die Veränderungen, die vor sich gehen und können nur hilflos zusehen, wie diese ihre Umgebung beeinflussen. Die Folgen sind tragisch.

Sepúlveda zeigt in wunderschönen Bildern das einzigartige Leben der Hirtinnen auf der Hochebene. Einzig die durcheinander wirbelnden weißen und schwarzen Schafe und Ziegen durchbrechen den Anblick der schier endlosen braunen und beigen Hügelketten. Die karge Landschaft spiegelt sich in den auf das Notwendigste beschränkten Gesprächen zwischen den Schwestern wider. Nur wenn Besuch vorbeikommt oder die Geschwister in Streit geraten, werden die Gespräche komplexer und ein Ausbruch aus der Routine scheint möglich. Der Soundtrack des Films ist ebenso karg. Einzig und allein das Pfeifen des Windes, das Geläut der Glocken der Tiere und die von den Bergen rieselnden Steine untermalen die Bilder.

Immer wieder Thema der Gespräche zwischen den Schwestern und bei den seltenen Begegnungen mit männlichen Besuchern ist das Frausein der Protagonistinnen. Vor allem die Jüngste, Luciana, leidet unter der ausweglosen Männerlosigkeit und will immer wieder von der Liebesgeschichte der inzwischen verstorbenen vierten Schwester, Maria, hören. Als auch Luciana krank wird, werden die Grenzen des Lebens der Frauen in den Bergen einmal mehr deutlich. Sie müssen eine Entscheidung treffen.


Im Rahmen der 65. internationalen Filmfestspiele Berlin, die vom 5. bis 15. Februar stattfinden, präsentieren wir hier in den kommenden Tagen und Wochen einige Filme aus der Sonderreihe zum indigenen Kino Lateinamerikas. Unter der Überschrift 'NATIVe – A Journey into Indigenous Cinema' werden auf der Berlinale insgesamt 18 Spiel- und Dokumentarfilme aus den Jahren 1986 bis 2014 gezeigt.