Regierung in Brasilien plant massive Haushaltskürzungen

Maßnahmen zur Beschneidung von Arbeiterrechten. Auch Gesundheits- und Bildungssektor von Sparpolitik betroffen. Protest von Gewerkschaften

Brasília. Der brasilianische Senat hat am Dienstag eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, mit denen Kürzungen des Bundeshaushaltes erreicht werden sollen. Mit 39 zu 32 Stimmen entschieden die Senatoren zu Gunsten der Maßnahmen. Diese sollen zukünftig unter anderem die Gewährung von Arbeitslosengeld und Gehaltszulagen erschweren. Für den endgültigen Beschluss muss die Initiative nun von Präsidentin Dilma Rousseff unterzeichnet werden. Laut Daten des gewerkschaftlichen Statistikinstituts DIEESE wären von den potentiellen Kürzungen rund 4,8 Millionen arbeitslose Brasilianerinnen und Brasilianer betroffen. Die Abstimmung im Senatsgebäude der Hauptstadt Brasília musste für mehrere Minuten unterbrochen werden, als Gewerkschaftsaktivisten auf der Zuschauertribüne lautstark gegen die Zustimmung protestierten.

Am vergangenen Freitag hatte die Regierung angekündigt, Kürzungen des Bundeshaushaltes in Höhe von rund 70 Milliarden Reais (rund 20,8 Milliarden Euro) durchzuführen. Die Initiative wurde maßgeblich von Finanzminister Joaquim Levy auf den Weg gebracht. Dieser kündigte bei seinem Amtsantritt im Januar 2015 strukturelle Reformen in der brasilianischen Wirtschaft an. Dafür seien laut dem Politiker der Mitte-rechts-Partei PMDB "Opfer" notwendig.

Vor allem das "Programm zur Beschleunigung des Wachstums" (PAC), das landesweit Infrastrukturprojekte finanziert, wird von der neuen Sparpolitik betroffen sein. Aber auch Einschnitte im Gesundheits- und Bildungssektor werden erwartet. Das staatliche Wohnungsprogramm „Mein Haus, mein Leben" soll 40 Prozent seiner Zuschüsse einbüßen.

Die Initiative beinhaltet außerdem eine Anhebung der Steuern auf die Gewinne von Banken von 15 auf 20 Prozent.

Die geplanten Sparmaßnahmen sollen die derzeitige Wirtschaftskrise und ökonomische Stagnation auffangen. Experten rechnen für dieses Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,2 Prozent. Das erklärte Ziel der Etatkürzungen ist daher ein Haushaltsüberschuss von 1,2 Prozent des BIP. Kabinettschef Aloizio Mercadante von der regierenden Arbeiterpartei (PT) verteidigte die Kürzungen als "notwendig und gerecht": "Wir müssen eine Kultur schaffen, in der sich die Menschen arbeitend im Leben weiterentwickeln und nicht die Idee unterstützen, dass ich mehr verdiene, wenn ich meine Arbeit aufgebe", erklärte der ehemalige Bildungsminister und Mitbegründer der PT.

Gewerkschaften, soziale Bewegungen, Teile der Opposition und einzelne Abgeordnete der PT kritisieren die angekündigten Maßnahmen dennoch. In einem von Intellektuellen, Politikern und Gruppen wie der Landlosenbewegungen MST und dem Gewerkschaftsbund CUT unterzeichneten Manifest beklagen die Gegner der Initiative vor allem die Beschneidung von Arbeiterrechten: "Das finanzielle Ungleichgewicht der Staatskonten liegt nicht in der Verantwortung der Ärmsten, Arbeiter und Rentner. Die Ursachen dieses Ungleichgewichts waren Steuererleichterungen in Höhe von mehr als 100 Milliarden Reais, die großen Unternehmen von der Regierung gewährt wurden, hohe Zinssätze, die Mittel in das Finanzsystem übertragen und der Rückgang der Einnahmen aufgrund des geringen Wirtschaftswachstums. Es ist nicht gerecht, dass diese Rechnung nun von den Ärmsten bezahlt werden soll", heißt es in dem Text.