Demonstrationen gegen Mord und Gewalt an Frauen in Argentinien

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Mehr als 200.000 Menschen nahmen an der Kundgebung in Buenos Aires statt
Mehr als 200.000 Menschen nahmen an der Kundgebung in Buenos Aires statt

Buenos Aires. Mehr als 200.000 Menschen haben sich in der argentinischen Hauptstadt versammelt, um gegen sexuell motivierte Gewalt an Frauen zu protestieren. Aufgerufen hatten Frauenverbände über die sozialen Netzwerke. Fahrt aufgenommen hatte der Protest aber bereits in den vergangenen Wochen, weil in der Presse über mehrere Fälle von extremer Gewalt und die Ermordung einer 16-jährigen Schülerin berichtet worden war.

Die Solidarität für den Schutz der Frauen reicht in alle politischen Lager; auch Gewerkschaften, Studentenverbände und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zeigten ihre Präsenz. Auf der Demonstration wurde vor allem gefordert, die Rechte und die Achtung der Frau als gesamtgesellschaftliches Interesse anzuerkennen. So wurden auch Rufe danach laut, die politischen Banner zu senken.

Zu den Forderungen, die vor dem Nationalkongress kundgegeben wurden, zählt die Umsetzung einer nationalen Präventionsstrategie, die 2009 per Gesetz erlassen wurde, aber bislang an der finanziellen und personellen Umsetzung gescheitert ist. Darüber hinaus verlangten die Demonstrierenden nach einer umfassenderen Sexualaufklärung in allen Bildungsstufen und einer spezifischen Schulung der Ansprechpartner in Polizeibehörden und öffentlichen Anlaufstellen sowie ein Register, das erstmals die Fälle der betroffenen Frauen statistisch erfasst und so als Grundlage für künftige gesetzgeberische Handlungen herangezogen werden kann.

Noch immer sind die Missstände bei der Strafverfolgung von Gewalt an Frauen und die alltägliche Diskriminierung weitreichend. Laut NGOs für Frauenrechte und Gleichstellung liegen die Fälle von Femizid im letzten Jahr bei 277, das heißt, alle 30 Stunden stirbt in Argentinien eine Frau durch geschlechtsbezogene Gewalt.

Oft sind es Männer in polizeilichen Behörden oder ungeschultes Personal, die den Opfern die Entscheidung zur Anzeige erschweren. Auch mangelt es an finanziellen Mitteln für den Opferschutz und juristischem Beistand. Ein weiteres Problem ist die Stigmatisierung der Opfer in einer Gesellschaft, die stark vom Machismo durchdrungen ist.

Parallel zur Kundgebung in der Hauptstadt fanden in den argentinischen Städten Córdoba, Rosario und Mendoza Versammlungen von mehren zehntausend Menschen statt. Auch in Uruguay und Chile war zu Demonstrationen aufgerufen worden.

Offizielle Statistiken zu Frauenmorden in Argentinien sind nicht vorhanden. Die zivilgesellschaftliche Organisation "Casa del Encuentro" hat versucht, diese Lücke zu schließen, und das "Observatorium für Femizid in Argentinien Adriana Marisel Zambrano" gegründet. Seit 2008 werden mit finanzieller Unterstützung des Global Fund for Women Jahresberichte veröffentlicht. Im Zeitraum von 2008 bis 2014 sind demnach 1808 Frauen und Mädchen Opfer geschlechtsbezogener Gewalt geworden.

Durch die starke Aufmerksamkeit, die den Protesten seitens Politik und Zivilgesellschaft zuteil wurde, könnte der 3. Juni in Argentinien zum jährlichen Termin für das Engagement gegen Frauenmorde und Gewalt an Mädchen und Frauen werden.