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Mehr Rechte für acht Millionen Frauen in Brasilien

Verfassungsänderung sieht Verbesserung des Arbeitsrechtes für Hausangestellte vor. Gewerkschaft kritisiert die Änderung als nicht weitreichend genug

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Creuza Maria Oliveira, die Präsidentin der Nationalen Hausangestelltengewerkschaft (Fenatrad)
Creuza Maria Oliveira, die Präsidentin der Nationalen Hausangestelltengewerkschaft (Fenatrad)

Brasília. Am 1. Oktober tritt in Brasilien für rund acht Millionen Hausangestellte eine Verbesserung des Arbeitsrechts in Kraft, über die seit 2013 zwischen Regierung, Gewerkschaften und Parlament verhandelt wurde. Die Verfassungsänderung stellt Hausangestellte und ihre Gewerkschaften jedoch weiterhin nicht mit anderen Berufsgruppen gleich. Mehr als 90 Prozent aller Hausangestellten sind Frauen, die Mehrzahl kommt aus afro-brasilianischen Familien mit geringem Einkommen.

"Es hätte besser sein können", kommentiert Creuza Maria Oliveira, Präsidentin der Nationalen Hausangestelltengewerkschaft (Fenatrad), die neue Gesetzeslage. "Was wir nicht erreicht haben, ist eine wirkliche Gleichstellung mit anderen Arbeitnehmern. Sie erhalten fünf Monate Arbeitslosengeld, wir nur drei. Unser Arbeitslosengeld beträgt immer einen Mindestlohn, auch wenn wir vorher zwei Mindestlöhne verdient haben. Bei anderen Berufsgruppen richtet es sich nach dem vorherigen Verdienst."

Dass es sich bei Hausangestellten um eine Berufsgruppe handelt, die sich auch gewerkschaftlich organisieren kann, wurde erst in der brasilianischen Verfassung von 1988 festgelegt. Ihre Arbeitnehmerinnenrechte wurden jedoch gegenüber anderen Berufen eingeschränkt. Die 1997 gegründete Gewerkschaft Fenatrad erreichte eine Reihe von gesetzlichen Verbesserungen für die Arbeit in privaten Haushalten, wie die Bezahlung von Überstunden, arbeitsfreie Sonn- und Feiertage, eine Kündigungsfrist von zwei Wochen, das Recht auf 30 Tage bezahlten Urlaub, 72 Tage Mutterschutz, das Recht auf Rente und Kündigungsschutz für Schwangere. Im lateinamerikanischen Vergleich sind diese Regelungen fortschrittlich, jedoch besitzt nur ein Viertel aller brasilianischen Hausangestellten einen Arbeitsvertrag.

Die am 1. Oktober in Kraft tretende Verfassungsänderung Emenda Constitucional 72 sieht zusätzlich zu den bisherigen Regelungen unter anderem eine gesetzliche Unfallversicherung, eine Nachtzulage und einen Arbeitgeberanteil zur staatlichen Rentenversicherung vor. Schwierig bleibt die Gesetzeslage in Bezug auf den Gewerkschaftsbeitrag, der bei anderen Berufsgruppen einmal im Jahr vom Arbeitgeber vom Gehalt abgezogen wird. Fenatrad ist auf freiwillige Monatsbeiträge der Hausangestellten angewiesen. Im August führte die Gewerkschaft dazu Gespräche mit dem Sekretariat für Frauenpolitik im Präsidentenamt, um eine Anhörung der Präsidentin zu erreichen. "Es kann nicht sein, dass wir die Arbeit von Fenatrad mit Verlosungen und Solidaritäts-Essen finanzieren müssen. Wir brauchen reguläre Einnahmen wie andere Gewerkschaften auch", forderte Creuza Oliveira.

In den sozialen Medien werden die neuen gesetzlichen Regelungen kontrovers diskutiert. Es gibt Tipps, wie man sich gesetzeskonform verhält oder die Bestimmungen umgehen kann. Arbeitgeber klagen, dass sie sich "ihre Hausangestellte" nicht mehr leisten könnten, konservative Medien warnen vor Massenentlassungen. Creuza Oliveira sagte dazu: "Vielleicht wird die Anzahl der Hausangestellten, die tageweise eingestellt und bezahlt werden, zunehmen. Mit der Zeit wird sich der Staub legen und sie werden uns weiterhin beschäftigen. Bei aller Kritik sind die gesetzlichen Neuregelungen für uns ein Fortschritt."