Gerichtstermin im Genozidprozess in Guatemala verschoben

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Schriftzug "Mörder Ríos Montt" an einer Hauswand in Nebaj, Quiché, Hauptort der Ixil-Region, wo der Völkermord geschah
Schriftzug "Mörder Ríos Montt" an einer Hauswand in Nebaj, Quiché, Hauptort der Ixil-Region, wo der Völkermord geschah

Guatemala-Stadt. In dieser Woche sollte der neu aufgenommene Völkermordprozess gegen den Ex-Diktator Efraín Ríos Montt beginnen. Der für Montag geplante Termin wurde wieder ausgesetzt, da weitere vier Beschwerden der Verteidigung anhängig seien und erst beurteilt werden müssten.

José Mauricio Rodríguez Sánchez, ehemaliger Geheimdienstchef während der Regierungszeit unter Ríos Montt und der zweite Beschuldigte in dem Verfahren, äußerte Interesse an einem baldigen Prozess, damit seine Unschuld bewiesen werden könne. Rodríguez Sánchez wurde 2013 im aufgehobenen Urteil freigesprochen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hatte vergangene Woche noch darauf hingewiesen, dass die Durchführung des Völkermordprozesses eine Chance für das Justizsystem Guatemalas sei, seine juristische Verantwortung wahrzunehmen. Nach der Suspendierung des Prozesses erklärte die Leiterin von AI für die amerikanischen Staaten, dass die guatemaltekischen Obrigkeiten ein grausames Spiel mit den zehntausenden Opfern von Folter, Mord, gewaltsamen Verschwindenlassens und Vertreibungen spiele, indem sie Ríos Montt erneut erlaube, die Justiz zu umgehen.

In dieser Woche reichte zudem der aktuelle Oberbefehlshaber der Armee einen Antrag beim Verfassungsgericht ein, dass Artikel 8 des Aussöhnungsgesetzes von 1996 gestrichen werden soll. Dieses Gesetz war im Friedensprozess verabschiedet worden und sichert den Kriegsparteien Amnestie für Taten während des gewaltsamen Konflikts von 1960 bis 1996 zu. Artikel 8 dieses Gesetzes besagt jedoch, dass Völkermord, Folter und gewaltsames Verschwindenlassen nicht der Amnestie unterliegen und strafrechtlich verfolgt werden können.

Die kürzlichen Festnahmen hochrangiger ehemaliger Militärs, die weiterer Verbrechen gegen die Menschheit beschuldigt werden, brachten die nicht aufgearbeitete Vergangenheit des Bürgerkriegs wieder auf die Tagesordnung.

Am Mittwoch trat die neue Regierung der Partei Frente de Convergencia Nacional (FCN) an, die von Militärveteranen gegründet wurde. Ein Großteil der Bevölkerung fürchtet nun, dass die Aufklärung und juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen weiter aufgeschoben wird. Der politische Analyst Manfredo Marroquín erklärt, nicht der Übergang von einer Regierung zur nächsten sei wesentlich, sondern die schwierige Zangengeburt von einem Staat der Straflosigkeit zu einem Rechtsstaat.