Argentinien / Politik

Neues Gerichtsverfahren gegen Ex-Präsidentin von Argentinien

Cristina Fernández de Kirchner der Geldwäsche und Amtspflichtverletzung beschuldigt. Ihr Anwalt kritisiert Ermittlungen aufgrund politischer Entscheidungen

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Freundlicher Empfang für die frühere Präsidentin zumindest vor dem Gerichtsgebäude
Freundlicher Empfang für die frühere Präsidentin zumindest vor dem Gerichtsgebäude

Buenos Aires. Das argentinische Bundesgericht hat ein weiteres Verfahren gegen Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner eröffnet. Ihr wird vorgeworfen, zusammen mit ihrem Sohn Máximo Geld gewaschen und offizielle Dokument gefälscht zu haben. In einem Fall betrifft dies den Hotelbetrieb "Hotesur", in einem zweiten Fall geht es um das Luxushotel "Los Sauces", das Kirchner und der Unternehmer Lázaro Báez gemeinsam betreiben. Zudem werden der Politikerin Amtspflichtverletzungen bei der Vergabe öffentlicher Bauprojekte an einen Familienfreund aus ihrer Wahlheimat Santa Cruz, Lázaro Báez, vorgeworfen.

Aufsehen erregte aber nicht nur der Inhalt dieses neuen Verfahrens, sondern auch das Timing. Am 31. Oktober hat der für die Ermittlungen zuständige Richter, Julián Ercolini, Kirchner zur Vernehmung nach Buenos Aires vorgeladen. Der Richter in einem anderen Ermittlungsverfahren gegen Kirchner, Claudio Bonadío, ordnete genau für denselben Tag eine Hausdurchsuchung bei der Ex-Präsidentin in Río Gallegos in der Provinz Santa Cruz an.

Kirchner äußerte sich über soziale Netzwerke zum neuen Fall. Sie vermute, dass hinter dieser "erstaunlichen Gleichschaltung" der beiden Gerichtsverfahren der aktuelle Präsident Mauricio Macri steckt. Er versuche so offenbar, "die soziale und ökonomische Krise, die durch seine Maßnahmen verursacht wird, zu vertuschen". Zudem handle es sich bereits um die zweite von Bonadío angeordnete Hausdurchsuchung und die Polizisten seien unverhältnismäßig mit Helm, kugelsicherer Weste und schweren Waffen erschienen. Das Ganze gleiche einem "Medien-Zirkus".

Ein zweites Mal nahm die Ex-Präsidentin dann direkt vor ihrem Richtertermin in Buenos Aires, bei dem sie Ercolini verschiedene Geschäftsdokumente vorlegte, Stellung zum eröffneten Verfahren. Vor Medienvertretern und zahlreichen Anhängern sprach sie vor dem Gerichtsgebäude von "politischer Verfolgung" und "Konspiration", veranlasst durch die aktuelle Regierung. Besser wäre es ihrer Meinung nach, zunächst eine umfassende Wirtschaftsprüfung aller öffentlichen Bauprojekte zwischen 2003 und 2015 durchzuführen.

Für Fernández de Kirchner handelte es sich bereits um den zweiten Gerichtstermin in diesem Jahr. Im April erhielt sie eine Vorladung wegen des Verdachts auf Veruntreuung öffentlicher Gelder bei sogenannten "Dólar Futuro"-Geschäften, worauf im Juli die Einfrierung ihrer Bankkonten und Vermögenswerte folgte. Ihr Anwalt Carlos Beraldi kritisiert, dass in beiden Fällen aufgrund politischer Entscheidungen gegen seine Mandantin ermittelt werde: Im "Dólar Futuro"-Fall wird ihre Wirtschaftspolitik in Frage gestellt und im jüngsten ihre Finanzierungspraxis bei öffentlichen Bauten, insbesondere in der Provinz Santa Cruz. Beides sei paradox und die Kläger, in beiden Fällen Bundesbeamte der aktuellen Regierung, würden nur einige wenige Personen gezielt ins Visier nehmen. Falls das Gericht alle öffentlichen Bauaufträge der letzten Jahre untersuchen würde, so Beraldi, käme es zu dem Schluss, dass ein anderer Unternehmer als Báez wichtiger sei: Ángelo Calcaterra, der Cousin des aktuellen Präsidenten Macri.

Auch für Raúl Zaffaroni, Mitglied des Interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte, ist das Vorgehen der Behörden in diesem Fall unangebracht. Es gleiche jedoch demjenigen der seit Januar inhaftierten Aktivistin Milagro Sala, gegen die immer neue Vorwürfe erhoben werden: "Die Beschuldigungen gegen einzelne Personen werden vervielfältigt, falls ein Prozess zu Ende geht oder die Faktenlage  für eine Verurteilung nicht ausreicht", kritisiert Zaffaroni. Zuerst solle eine Prüfung aller relevanten Fakten erfolgen, bevor beurteilt werde, welches die Amtspflichtverletzungen und wer die Verantwortlichen seien.

In den letzten Tagen stieg aber auch der Druck seitens der Medien auf die ermittelnden Behörden bei Strafuntersuchungen gegen Beamten aus der Kirchner-Regierung. Das argentinische Bundesgericht reagierte darauf, indem es eine Reihe verfahrensrelevanter Entscheidungen traf. So wurde beispielsweise am 11. November bestätigt, dass das "Dólar Futuro"-Verfahren gegen Cristina Kirchner weiterverfolgt wird. Der Antrag des Verteidigers, das Verfahren einzustellen, wurde abgelehnt. Die Gerichtsverhandlungen werden voraussichtlich Anfang 2017 fortgesetzt. Ob der Ex-Präsidentin ebenfalls im Fall "Los Sauces" der Prozess gemacht wird, darüber will Richter Ercolini Ende des Jahres informieren.

Weitere Gerichtsfälle, in denen gegen hohe Beamte der Kirchner-Regierung prozessiert wird, sind der Fall "Ruta del dinero K", bei dem es um Klientelismus und Geldwäsche innerhalb der Administration Kirchner geht sowie ein Verfahren gegen Ex-Finanzminister Axel Kicillof, den früheren Zentralbankpräsident Alejandro Vanoli und andere, ebenfalls im Zusammenhang mit den Geldoperationen des "Dólar Futuro".

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