Repression gegen Umweltschützer in Lateinamerika nimmt zu

Global Witness-Bericht zeigt Zunahme von Gewalttaten gegen Umweltschützer. Lateinamerikanische Staaten weisen hohe Mordzahlen auf

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"Wir kämpfen für unser Land, unser Wasser und unser Leben." Bild aus einer Global-Whitness-Kampagne in Kolumbien
"Wir kämpfen für unser Land, unser Wasser und unser Leben." Bild aus einer Global-Whitness-Kampagne in Kolumbien

London. Laut einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Global Witness (Weltweite Zeugenschaft) hat die Repression gegen Umweltschützer weltweit zugenommen. Im Jahr 2016 seien mindestens 200 Menschen getötet worden, die "ihr Land, ihre Wälder und Flüsse vor Bergbau-, Holz- und Landwirtschaftsfirmen geschützt haben", schreibt die Organisation.

Die Anzahl der Morde hat demnach im Vergleich zum Vorjahr ebenso zugenommen (von 185 auf über 200) wie die der Länder, in denen die Verbrechen begangen wurden (von 16 auf 24). Da verlässliche Informationen laut Global Witness oft schwierig zu beschaffen sind, dürfte die tatsächliche Zahl getöteter Aktivistinnen und Aktivisten noch deutlich höher liegen. Die Morde seien zudem nur die extremste Form einer wachsenden Repression, die sich ebenso in Verhaftungen, sexuellen Übergriffen, Entführungen und gerichtlicher Verfolgung äußere.

Auffällig ist, dass in 43 Fällen staatliche Behörden wie Polizei oder Armee für die Tötungen verantwortlich gemacht werden. Der Bericht spricht von zunehmender staatlicher Unterstützung für "Projekte, die typischerweise den lokalen Gemeinschaften ohne ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung aufgezwungen werden". Indigene Gemeinschaften seien davon besonders betroffen, waren doch 40 Prozent der getöteten Indigene.

Einige Länder Lateinamerikas weisen laut dem Bericht eine besonders repressive Bilanz aus. Die meisten Tötungen wurden 2016 in Brasilien gezählt (49), während Nicaragua die höchste registrierte Mordrate pro Kopf aufweist. In dem mittelamerikanischen Land führt vor allem der geplante Bau eines Schiffskanals, der Atlantik und Pazifik verbinden soll, zu zunehmendem Widerstand von Umweltschutzgruppen.

Im Vergleich über die letzten zehn Jahre ist Honduras das Land, in dem Umweltschützer am gefährlichsten Leben: 127 Personen wurden im Zusammenhang mit ihrem diesbezüglichen Engagement seit 2007 getötet.

Besondere Beachtung verdient auch der Fall Kolumbiens. Das Land wies mit 37 Morden an Umweltschützern im Jahr 2016 die höchste je registrierte Rate auf. Der Report weist darauf hin, dass sich mit der laufenden Demobilisierung der Farc-Guerilla die Aktivitäten von Bergbaufirmen und paramilitärischen Gruppen auch in zuvor von der Guerilla kontrollierte Gebiete ausgeweitet haben, was zu neuen Konflikten mit der lokalen Bevölkerung führe.

Der Global Witness-Bericht zitiert auch Aktivistinnen, die wegen ihres Engagements gegen das Kohlebergwerk El Cerrejón im Norden Kolumbiens wiederholt bedroht wurden. El Cerrejón ist Lateinamerikas größte Tagebaumine und steht seit längerer Zeit in der Kritik von Umweltschützern. Betrieben wird die Mine von den Unternehmen Glencore, BHP Billiton und Anglo-American.

Für Ben Leather, Sprecher von Global Witness, erzählt der Report eine "düstere Geschichte". Immer mehr Menschen sähen im aktiven Widerstand die einzige Form, sich "gegen den Diebstahl ihres Landes oder die Zerstörung ihrer Umwelt" zu wehren. "Zu oft werden sie brutal von politischen oder wirtschaftlichen Eliten zum Schweigen gebracht", bilanziert Leather.

Global Witness ist eine in Großbritannien und den USA registrierte Kampagnenorganisaton, die sich vor allem den Kampf gegen Korruption, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung auf die Fahne geschrieben hat. Sie finanziert sich aus Spenden von Privatpersonen und Zuwendungen von anderen Organisationen. Die meisten Mittel erhielt Global Witness 2016 von der Open Society Foundation des US-Milliardärs George Soros und von der Stiftung des Ebay-Gründers Pierre Omidyar.

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