"Kein Mörder": Ehemaliger Mitkämpfer aus Kuba verteidigt Che gegen Kritiker

Kubanischer Militär und Ex-Guerillero Leonardo Tamayo nimmt zu Angriffen auf den kubanisch-argentinischen Revolutionär Stellung. Verteidigt Revolutionäre Tribunale

tamayo_kuba_cuba_che_guevara_.jpg

Leonardo Tamayo kämpfte unter dem Kommando des argentinisch-kubanischen Revolutionärs Ernesto Che Guevara in Kuba und später in Bolivien. Er war einer von nur drei Mitgliedern der Truppe in Bolivien, die den Einsatz überlebten
Leonardo Tamayo kämpfte unter dem Kommando des argentinisch-kubanischen Revolutionärs Ernesto Che Guevara in Kuba und später in Bolivien. Er war einer von nur drei Mitgliedern der Truppe in Bolivien, die den Einsatz überlebten

Berlin. Der kubanische Militär und ehemalige Guerillero Leonardo Tamayo hat die Kritik an dem kubanisch-argentinischen Revolutionär Ernesto Che Guevara als unglaubwürdig bezeichnet. Mit Blick auf den 50. Jahrestag des Todes von Guevara, der im Oktober dieses Jahres begangen wurde, bezeichnete Tamayo Kritik an Guevara und dem Gedenken an ihn als politisch motiviert. "Das ist nicht neu, weil die politischen Widersacher von Che immer so gehandelt haben. Sie wollten sein Erbe beseitigen, zerstören und in ihrem Sinne ändern, um die Figur Che zu diskreditieren", sagte Tamayo gegenüber amerika21 bei einem Besuch in Berlin.

Zu Guevaras Todestag am 9. Oktober hatten vor allem in Lateinamerika zahlreiche Gedenkveranstaltungen stattgefunden. Zugleich erschienen in der konservativen Presse in Lateinamerika, Europa und den USA Beiträge, die sich teilweise sehr kritisch mit Guevara auseinandersetzen und ihm sogar politische Morde vorwarfen. Tamayo wies diese Darstellung entschieden zurück: "Ich habe zehn Jahre und sechs Monate an der Seite Ches gekämpft. Ich denke, dass ist genug Zeit, ihn und sein Handeln beurteilen zu können?", sagte er. Man könne Che keinen Mörder nennen. Im Gegenteil, sogar die knappen medizinischen Vorräte seiner Truppe habe er auch für verwundete Gegner in seiner Gefangenschaft verwendet. "So handelt kein Mörder, sondern ein Humanist", so Tamayo, der sich an die Zeit während des Guerillakampfes in Bolivien erinnert: "Als wir wenig zu essen hatten, teilte Che die Nahrungsmittel auch mit den Gefangenen. Wer also heute so von Che spricht wie Sie es geschildert haben, der hat von den Fakten wenig Ahnung. Und wenn diese Leute nicht blind sind vor der Geschichte, dann verschließen sie vorsätzlich ihre Augen."

Im Gespräch mit amerika21 nahm Tamayo auch zu den sogenannten Revolutionären Tribunalen Stellung, Verhandlungen gegen Täter während der 1959 gestürzten Diktatur von Fulgencio Batista. Die Tribunale fanden in den Monaten nach der Revolution statt und wurden von Guevara geleitet. Kritiker werfen ihm daher bis heute politisch motivierte Todesurteile vor. Tamayo wies dies entschieden zurück. "Dort mussten sich Leute wie der Oberst Conrado Carratalá Ugalde verantworten, ein Mörder der Batista-Diktatur. In den Gefängnissen und Folterkellern dieser Leute wurden Flaschen gefunden, die voll mit ausgerissenen Nägeln der gefolterten Gefangenen waren", schilderte er. Von den Tribunalen seien Personen verurteilt worden, die nachweislich Verbrechen begangen hatten. "So beispielsweise der Polizeichef in Santa Clara, Oberst Cornelio Rojas, auf dessen Konto gingen zahlreiche Morde", sagte Tamayo. Es sei auch um das System hinter ihnen gegangen, das politische Morde deckte, ohne dass die Verantwortlichen jemals zur Rechenschaft gezogen wurden. Rund 20.000 Menschen seien unter der Diktatur gefoltert und ermordet worden. "Bei den Revolutionären Tribunalen im Jahr 1959 ging es also auch um Gerechtigkeit. Ich hielt die Urteile damals für richtig und sehe das bis heute so", bekräftigte Tamayo, der in der kubanischen Armee zuletzt den Rang eines Oberst bekleidete.

Die Erinnerung an Che sieht er nicht nur auf Lateinamerika beschränkt. "Che ist heute eine internationale Figur. In Australien etwa ist er Studenten, Professoren und Gewerkschaften bekannt. Sie wissen, warum er gekämpft hat und weswegen er gestorben ist." Ähnliches habe er in Neuseeland erlebt. "Und das ist wichtig, weil Neuseeland unzählige Soldaten für die imperialistischen Abenteuer und Kriege der USA geopfert hat", so Tamayo. Während viele dieser von den USA geführten Kriege Unrecht stärkten, sei Guevara für eine gerechte Sache gestorben: "Er kannte die Bedürfnisse der Menschen in Lateinamerika, weil er das Leiden der Menschen gesehen hat." Dieses Beispiel würde bis heute weltweit gesehen.