Rio de Janeiro. Im brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro sind im Zeitraum zwischen Januar und Juli dieses Jahres 895 Menschen bei Polizeieinsätzen ums Leben gekommen. Dem Institut für Öffentliche Sicherheit des Innenministeriums des Bundesstaates zufolge ist das die höchste Zahl seit 21 Jahren. Im Vorjahr waren es noch 643 Fälle. Damit ist die Anzahl der Getöteten um etwa 39 Prozent gestiegen. Seit den Olympischen Spielen im Jahr 2016 hat die Gewalt in der zweitgrößten Stadt Brasiliens stetig zugenommen. Insbesondere Drogenhändler-Banden geraten immer häufiger in bewaffnete Auseinandersetzungen mit rivalisierenden Gruppen sowie der Polizei.
Grund dafür sei Experten zufolge die erhöhte Konfrontationsbereitschaft der Polizei, die in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe. Andere sehen die Kultur und das Verhalten innerhalb der Polizei als Grund für die Entwicklung: So toleriere man nicht nur den Tod der Gegner, sondern schätze ihn in manchen Fällen sogar, sagte die Soziologin Sílvia Ramos vom Zentrum für Sicherheitsstudien und Bürgerrechte der Universität Cândido Mendes.
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Erst am 20. August waren bei zwei Militäreinsätzen mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen. Der erste Vorfall ereignete sich während eines Einsatzes in einer Favela im Norden Rios. Aufgabe der Militärkräfte sei es demnach gewesen, die von Drogenhändlern aufgestellten Straßenbarrikaden zu entfernen sowie Fahrzeuge und vereinzelte Personen zu kontrollieren.
Kurz darauf kam es bei einem weiteren Einsatz in Niteroi zu einem Schusswechsel zwischen Polizei und mutmaßlichen Drogenhändlern. Das berichtete die Nachrichtenagentur Agência Brasil. Eine Gruppe verdächtigter Personen hatte versucht, ein Fahrzeug zu stehlen. Daraufhin umstellten Polizisten die Verdächtigen auf einer Brücke, die Niteroi mit Rio de Janeiro verbindet. Bei der gewaltsamen Auseinandersetzung starben vier der Verdächtigen noch am Einsatzort. Fünf weitere Personen wurden in Krankhäuser eingeliefert. Zwei davon erlagen kurze Zeit später ihren Verletzungen.