Kuba / Politik

Díaz-Canel: Kuba wird den Kommunismus nicht aufgeben

Präsident im Telesur-Gespräch: Mehr Verantwortlichkeit der Kader, konstante Diskussion mit der Bevölkerung und Digitalisierung des Landes sind Prioritäten

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Patricia Villegas von Telesur im Gespräch mit Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel im Palast der Revolution in Havanna
Patricia Villegas von Telesur im Gespräch mit Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel im Palast der Revolution in Havanna

Havanna. Im ersten ausführlichen Fernsehinterview seiner Amtszeit hat sich Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel zu den Prioritäten seiner Regierung geäußert. Zudem brachte er seine Unterstützung für die "Ehe für alle" zum Ausdruck, die derzeit im Zusammenhang der Verfassungsreform diskutiert wird.

In dem gut anderthalbstündigen Gespräch, das am vergangenen Sonntag in Havanna für den lateinamerikanischen Sender Telesur aufgezeichnet wurde, sagte er, seine neue Regierung werde sich an der Umsetzung von vier Prinzipien orientieren. Hierzu zählen neben mehr Verantwortlichkeit von Kadern auf allen Ebenen die konstante Diskussion mit der Bevölkerung sowie eine neue Kommunikationspolitik und die Digitalisierung des Landes. Staatsfunktionäre müssten zu den "Orten mit den größten Problemen" gehen und "verschiedene Lösungsansätze" erproben. Er werde mindestens zwei Provinzen pro Monat besuchen, um so die Fortschritte vor Ort zweimal im Jahr überprüfen zu können. Auch verfolge er die Diskussionen in den sozialen Netzwerken und lese täglich die Kommentarspalten des Onlineportals Cubadebate.

"Ein ehrlicher und transparenter Dialog mit der Bevölkerung ist unentbehrlich", erklärte Díaz-Canel. Dazu gehöre auch, manche schwerwiegenden Probleme die nicht sofort lösbar sind, zu benennen. Zudem müsse die Beziehung zwischen nationalen und lokalen Behörden gestärkt werden. Die Dezentralisierung von Entscheidungsprozessen und die Machtverschiebung hin zu den Gemeinden gehören offenbar zu den besonderen Anliegen des neuen Präsidenten. Diese Veränderungen sollen sich auch in der Verfassung wiederspiegeln, welche die Einführung von Gouverneuren in den einzelnen Provinzen vorsieht.

In Bezug auf die neue Verfassung, über die im Februar in einem Referendum abgestimmt wird, zeigte sich der Präsident optimistisch: "Der Text wird durch die Volksaussprache weiter reifen" und in der Folge zu einer "verantwortungsvollen, objektiven und realistischen" Wiedergabe der gesellschaftlichen Realität Kubas führen. Dazu gehöre auch, jegliche Form von Diskriminierung zu überwinden und möglichst alle Teile der Gesellschaft in den politischen Prozess einzubinden. Er positionierte sich in dem Interview mit einem klaren "Ja" für die vorgeschlagene "Ehe für alle", die auf der Insel derzeit für kontroverse Diskussionen sorgt.

Auf die von internationalen Medien aufgegriffene Streichung des Wortes Kommunismus aus dem Verfassungsentwurf angesprochen, sagte Díaz-Canel, Kuba werde "keineswegs den Kommunismus aufgeben". Kommunismus und Sozialismus seien miteinander verknüpft, "wer den Sozialismus aufbaut, tut das nur, weil er zum Kommunismus gelangen möchte. Was wir schaffen möchten, sind kommunistische Produktionsverhältnisse." Der Übergang sei jedoch an globale Voraussetzungen geknüpft. Daher brauche Kuba jetzt eine Verfassung, die sich "näher an dem realistisch Möglichen" orientiere.

Gefragt nach der außenpolitischen Agenda seiner Regierung, bekräftigte der Präsident, dass Kuba für niemanden eine Bedrohung darstelle und weiterhin für eine bessere Welt und den Aufbau einer prosperierenden Gesellschaft kämpfe. Die von der US-Regierung unter Donald Trump zuletzt wieder verschärfte Blockade sei dabei das größte Hindernis. Díaz-Canel betonte die Bereitschaft seines Landes zu einem "Dialog auf Augenhöhe und ohne Konzessionen" mit den USA. Jedoch dürfe Kuba seine eigene Entwicklung nicht von anderen Ländern abhängig machen und müsse unabhängig von den Beziehungen zu den USA und der Blockade neue Schritte zu einem "prosperierenden und nachhaltigen Sozialismus" ergreifen.

Ausführlich ging Díaz-Canel auf die engen Bande zwischen Kuba und Venezuela ein. "Wir lieben Venezuela. Chávez und Fidel konnten mit ihrer engen Freundschaft nicht nur ein Projekt für unsere beiden Länder, sondern auch für die lateinamerikanische Integration begründen", sagte er. Den jüngsten Mordanschlag auf Venezuelas Präsident Nicolás Maduro beurteilte er als Ausdruck der Schwäche der Opposition. Wohlwollende Worte fand Díaz-Canel auch für Mexikos neuen Präsidenten Andres Manuel López Obrador, der vor wenigen Wochen gewählt wurde und der gemäßigten Linken angehört.

Zu seinem Verhältnis zu seinem Vorgänger Raúl Castro sagte er: "Er ist wie ein Vater für mich". Seine Regierung stehe in "fast täglicher Rücksprache" mit Castro, der "ohne einen Hauch von Eitelkeit und ohne etwas aufzuzwingen mit Rat und Tat zur Seite steht".