UN-Generalversammlung als Bühne für Drohungen gegen Venezuela

US-Präsident Trump erinnert an Monroe-Doktrin, rechte lateinamerikanische Regierungen wollen Venezuela wegen Verbrechen gegen die Menschheit verklagen

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In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung betonte US-Präsident Trump die Gültigkeit der Monroe-Doktrin
In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung betonte US-Präsident Trump die Gültigkeit der Monroe-Doktrin

New York. Auf der 73. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York haben Staatschefs die ersten Reden gehalten, die die Lage in Venezuela zum Gegenstand hatten und von der sozialistischen Regierung die Anerkennung einer humanitären Krise forderten. Am Rande des UN-Treffens lancierte der US-Präsident Donald Trump die Lösung durch einen Militärputsch. Dem venezolanischen Außenminister, Jorge Arreaza, wurde die Teilnahme an einer Zusammenkunft der Lima-Gruppe, einer Reihe vorwiegend rechtsgerichteter lateinamerikanischer Regierungen, zum Thema der verstärkten Migration aus Venezuela in Nachbarländer verwehrt.

In seiner Rede vor der Vollversammlung betonte Trump die andauernde Gültigkeit der vor 200 Jahren eingeführten Monroe-Doktrin, die den südamerikanischen Kontinent zum Einflussbereich der USA erklärt. Nachdem Trump seine Achtung vor der Souveränität aller Länder betont hatte, nahm er Venezuela davon aus: "Alle Nationen der Welt sollten sich gegen den Sozialismus und das Elend, das er über alle bringt, wenden". Und direkt anschließend: "In diesem Geist fordern wir alle hier versammelten Nationen auf, sich uns anzuschließen, um die Demokratie in Venezuela wiederherzustellen." Zugleich kündigte der US-Präsident "zusätzliche Sanktionen gegen das repressive Regime" an, die Präsident Nicolás Maduros "engsten Kreis" treffen sollen. Zuvor hatte Trump vor Journalisten geäußert, "ein Putsch gegen Maduro könnte sehr schnell funktionieren, wenn das Militär sich dazu entschließen würde."

Indes nährte US-Vizepräsident Mike Pence die Möglichkeit eines militärischen Konflikts in Venezuela. Er warnte die Regierung Maduro vor dem Einsatz von Truppen im Bundesstaat Táchira, wo diese "angeblich" paramilitärische Gruppen bekämpfen. Táchira hat eine gemeinsame Grenze mit Kolumbien und war in der Vergangenheit immer wieder Einfallstor für rechte Paramilitärs aus Kolumbien. Auch verlaufen hier wichtige Schmuggelrouten für venezolanische Waren in das Nachbarland.

Mit einem Bekenntnis des Generalsekretärs der Organisation Amerikanischer Staaten, Luis Almagro, dass für ihn eine militärische Intervention eine "Option" sei, wächst allenthalben die Sorge vor einer Eskalation. Kolumbien, neben Brasilien potentielles Aufmarschgebiet eines Angriffs auf Venezuela, verweigerte die Unterschrift unter eine Erklärung der Lima-Gruppe, die Almagro widersprach und sich gegen eine militärische Invasion in Venezuela wendete.

Die venezolanische Krise wurde am UN-Sitz auch von den Außenministern der in der Lima-Gruppe zusammengeschlossenen Länder (Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Guatemala, Guyana, Honduras, Kanada, Kolumbien, Mexico, Panama, Paraguay, Peru und Santa Lucía) angesprochen, die die demokratische Ordnung in Venezuela für gebrochen hält und bereits mehrere Initiativen ergriffen hat, um die Regierung Maduro unter Druck zu setzen.

Neben Argentiniens Präsident Mauricio Macri sprach auch dessen peruanischer Amtskollege Martín Vizcarra über das Thema Venezuela. Macri erklärte, man werde die "Verbrechen gegen die Menschheit der venezolanischen Diktatur" vor den Internationalen Strafgerichtshof IStGH bringen. Er forderte Venezuela auf, "die humanitäre Krise anzuerkennen und die internationale Zusammenarbeit zu nutzen, um die gravierende Gesundheits- und Nahrungsmittelknappheit der Vertriebenen zu bekämpfen."

Argentinien, Chile, Kolumbien, Paraguay und Peru wollten eine Petition an den IStGH zur Einleitung einer entsprechenden Untersuchung richten. In den 16 Jahren des Bestehens des IStGH hat noch kein Staat der Welt gegen einen anderen ein solches Verfahren angestrengt.

Venezuelas Regierung reagierte unmittelbar auf die Worte des US-Präsidenten, die weithin als Ermunterung von Armeekreisen in Venezuela verstanden wurden, gegen die gewählte Regierung des Landes zu putschen. Außenminister Jorge Arreaza kritisierte, in der Rede des US-Präsidenten habe nur noch gefehlt, "dass er die Charta der Vereinten Nationen zerreisst und verbrennt". Er warnte Trump, dass sein Land sich verteidigen werde. "Unsere Streitkräfte, unser Volk, unsere Milizen wissen, wie man sich wehrt", so Arreaza auf einer Pressekonferenz.

Für das von Kolumbien einberufene Treffen, auf dem ein internationaler Fonds wegen der Immigration aus Venezuela angeregt werden soll und zu dem Venezuela nicht zugelassen wurde, wünschte Arreaza die Berücksichtigung der Leistungen seines Landes bei der "Aufnahme von mehr als sechs Millionen Lateinamerikanern, die meisten davon aus Kolumbien". Er bat um die nötigen Ressourcen, "um das Migrationsproblem in Ordnung zu bringen". Das Land habe die Absicht, mindestens 500 Millionen US-Dollar aufzubringen, um rückkehrwillige Venezolaner, vorwiegend aus Kolumbien, Peru, Ecuador und Brasilien, zu unterstützen.

Über seinen Twitter-Account lud Arreaza Kolumbiens Präsident Iván Duque ein, "sich mit der Notlage der kolumbianischen Migranten und den Binnenvertriebenen, der Zunahme der Drogenproduktion und der Erfolglosigkeit des Friedensprozesses" zu befassen.