Urteile nach Mord an Aktivistin Berta Cáceres in Honduras

Hinweis auf kriminelle Strukturen und Auftraggeber. Enge Verbindungen zwischen Militär und Wirtschaft. Angehörige beklagen Straffreiheit für Verantwortliche

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Victor Fernández, Anwalt der Familie Cáceres und von Copinh, neben den Töchtern der Ermordeten, Bertha und Laura Zúniga Cáceres
Victor Fernández, Anwalt der Familie Cáceres und von Copinh, neben den Töchtern der Ermordeten, Bertha und Laura Zúniga Cáceres

Tegucigalpa. In Honduras sind die Urteile gegen sieben der acht Beschuldigten im Fall der ermordeten Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres gefällt worden. Unter den Verurteilten sind professionelle Auftragsmörder und Mittelsmänner des Verbrechens. Zu letzteren gehören Sergio Rodriguez, Ingenieur des Energieunternehmens Desarollos Energéticos S.A. (Desa), Mariano Díaz, Major der honduranischen Armee, und Douglas Bustillo, ehemaliger Desa-Sicherheitschef. Henry Hernández, Elvin Rápalo, Óscar Torres und Edilson Duarte gehören zu der Gruppe der Auftragsmörder, sie wurden zusätzlich wegen des versuchten Mordes an dem mexikanischen Umweltaktivisten Gustavo Castro verurteilt, der das Attentat verletzt überlebte. Ein Beschuldigter, der seit Mai 2016 inhaftiert war, wurde freigesprochen.

Berta Cáceres war in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2016 in ihrem Haus in La Esperanza ermordet worden. Gustavo Castro überlebte das Attentat verletzt. Zusammen mit den im Zivilen Rat der Indigenen- und Basisorganisationen (Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras, Copinh) organisierten Gemeinden widersetzte sie sich dem Wasserkraftwerk Agua Zarca, das am Fluss Gualcarque gebaut werden sollte.

In dem Urteilsspruch wurde die Verantwortung des Unternehmens Desa durch seine Manager und Angestellten an dem Verbrechen klar benannt.

Berta Zúniga Cáceres, Tochter von BertaCaceres und aktuelle Koordinatorin des Copinh, erklärte nach dem Urteilsspruch, dass es "zwar Verurteilte, jedoch keine Gerechtigkeit gibt". Das Urteil richte sich gegen Auftragsmörder und Mittelsmänner, die direkt mit dem Unternehmen Desa verbunden seien. "Die Strukturen und Personen, die diese Kriminellen bezahlt haben, befinden sich in Freiheit und haben die Möglichkeit, weiter straflos Verbrechen zu begehen ", so Zúniga weiter.

Tatsächlich waren die Ermittlungen von zahlreichen Unregelmäßigkeiten geprägt. Die Nebenklage hat seit den ersten Festnahmen im Mai 2016 mehr als 30 Anträge zur Beweismitteleinsicht gestellt, die von der Staatsanwaltschaft überwiegend unbeantwortet blieben. Die Auswertung wichtiger Beweismittel – darunter Mobiltelefone, Bankdaten und eine Waffe – wurde nicht zugelassen. "Der Prozess verstößt sowohl gegen internationalen Standards als auch gegen grundlegende Regeln eines angemessenen Prozesses", erklärte Victor Fernández, Anwalt der Familie Cáceres gegenüber amerika21. Die Opfer und ihr Anwaltsteam waren von der mündlichen und öffentlichen Phase der Verhandlungen ausgeschlossen. Die Gerichtsverhandlung wurde trotz mehrerer eingereichter Rechtsmittel der Nebenklage ohne deren Berücksichtigung weitergeführt, in einigen Fällen wurden die Einsprüche für unzulässig erklärt.

Fernández forderte nun weitere Schritte der Justiz. Das Unternehmen Desa gehöre einer Struktur an, die "für den Mord und den versuchten Mord verantwortlich ist". Desa sei "ein kriminelles Unternehmen, das mit weiteren Gruppen in Verbindung steht, um kriminelle Handlungen zu begehen". Es sei besorgniserregend, dass die Generalstaatsanwaltschaft nichts unternommen hat, um gegen die Auftraggeber des Mordes vorzugehen, so Fernández.

In der britischen Tageszeitung The Guardian wurde der Mord als "gut geplante Operation im Stil des Militärgeheimdienstes" bezeichnet. Die Beteiligung von Angehörigen des Militärs ist augenfällig. Díaz und Bustillo sind nachweislich an der School of the Americas, der einstigen US-Armeeakademie für lateinamerikanische Militärs, ausgebildet worden. Hernández, der als Verbindung zwischen Mittelsmännern und Auftragsmördern agierte, war ein hochdekorierter Scharfschütze.

Ein weiterer Inhaftierter, mit dessen Gerichtsverhandlung erst im Jahr 2020 gerechnet wird, ist David Castillo. Er war Geschäftsführer von Desa. Auch seine Karriere weist enge Verbindungen zum Militär, zur Politik und der Energiewirtschaft auf. Castillo ist Elektroingenieur, absolvierte die US-Militärakademie West Point und war Geheimdienstoffizier im honduranischen Militär. Er war zudem Präsident des Unternehmens Potencia y Energía de Mesoamérica S.A. (Pemsa), dem ein Teil der Desa-Aktien gehört.

Bereits vor einem Jahr äußerte sich die ehemalige Polizeikommissarin Maria Luisa Borjas über Akten, die unter anderem Camilo Atala Zablah als mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes aufführten. Die Familie Atala Zablah ist Eigentümer der international hofierten Bank Ficohsa, Honduras' zweitgrößtem Kreditinstitut. Hinzu kommt, dass José Eduardo Atala Zablah, Vorstandsmitglied der Desa und ehemaliger Direktor der Zentralamerikanischen Bank für wirtschaftliche Integration (BCIE) war, eine der wichtigen Finanzgeber von Agua Zarca.

Andrea Lammers, Hondurasreferentin des Ökumenischen Büros für Frieden und Gerechtigkeit in München, zeigte sich überzeugt, dass "das zähe Ringen und die sorgfältige Vorarbeit der internationalen Expertenkommission sich gelohnt hat, denn nun ist die Verantwortung des Unternehmens Desa für den Mord in der Urteilsbegründung offiziell bestätigt." Es gebe nun klare Beweise, dass Desa den Mord geplant und bezahlt habe. "Jetzt muss die Staatsanwaltschaft mit entsprechenden Verhaftungen für einen Präzedenzfall sorgen", so Lammers.

Die sieben Verurteilten werden bis zum 10. Januar 2019, dem Tag der Verkündung des Strafmaßes, in Haft bleiben. Der Anwalt Robert Amsterdam, der das Unternehmen Desa vertritt und Rodriguez verteidigt, kündigte Berufung an. Er sehe eine Verletzung der Menschenrechte seiner Mandanten. Am Donnerstag dieser Woche werden der Mordfall und die Unregelmäßigkeiten in dem Fall vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission in Washington angehört.