Washington/Brüssel/Havanna. Nach mehrfachen Androhungen werden die USA am 2. Mai den dritten Teil der "Helms-Burton"-Gesetze aus dem Jahr 1996 aktivieren. Dies erklärte Außenminister Mike Pompeo am Mittwoch. Damit wird US-Bürgern ermöglicht, Ansprüche auf nach dem Sieg der Revolution konfiszierte Eigentümer gerichtlich geltend zu machen. Auf damalige Entschädigungsangebote ging Washington nicht ein, weshalb die Frage ungeklärt blieb. Spätere Verhandlungen unter Barack Obama, welche das Thema der Entschädigungen endgültig regeln sollten, wurden unter dessen Nachfolger Donald Trump wieder abgebrochen.
Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez verurteilte die einseitigen Maßnahmen noch am selben Tag als "Angriff auf die Souveränität" seines Landes, der jedoch keinen Erfolg haben werde. Angesichts der "Bedrohung europäischer Interessen und Investitionen" bezog auch die Europäische Union (EU) Stellung gegen die Verschärfung der Blockadegesetzgebung. EU-Entwicklungssekretär Stefano Manservini forderte betroffene Unternehmen auf, "zum Konterangriff überzugehen."
Zu den weiteren Bestandteilen der neuen Sanktionswelle zählt auch die Einschränkung der Limits für Geldüberweisungen nach Kuba auf 1.000 US-Dollar pro Quartal, womit eine wesentliche Erleichterung aus Zeiten der Obama-Administration wieder rückgängig gemacht wird. Darüber hinaus sollen neue Regeln den Personenverkehr zwischen beiden Ländern weiter einschränken.
Die Anzahl der direkt sanktionierten kubanischen Staatsunternehmen erhöhte sich indes auf 211, erstmals ist davon auch eine Fluggesellschaft betroffen. Mit den Sanktionen solle Kuba aufgrund seiner Unterstützung der Regierung von Nicolás Maduro in Venezuela gezielt unter Druck gesetzt werden, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. "Kubas Verhalten in der westlichen Hemisphäre unterminiert die Sicherheit und Stabilität der Region", sagte Pompeo am Mittwoch. Erklärtes Ziel der US-Regierung ist es, die von Trump als "Troika der Tyrannei" bezeichneten Regierungen in Venezuela, Nicaragua und Kuba zu beseitigen.
Bei einem Arbeitstreffen wenige Tage vor der Ankündigung hoben Vertreter der EU und Kubas in Havanna die positiven Entwicklungen der diplomatischen Beziehungen hervor. "Kuba und die Europäische Union haben ein sehr vielversprechendes Jahr in der Entwicklung der bilateralen Beziehungen hinter sich", bekräftigte der EU-Botschafter auf Kuba, Alberto Navarro González. Er erinnerte an das erste Treffen des gemeinsamen Rats zwischen Kuba und dem Staatenbund im Mai 2018. Wie die Nachrichtenagentur EFE meldete, wurde bei dem jüngsten Meeting ein Investitionsfonds in Höhe von 62 Millionen Euro aufgelegt, der vor allem zum Ausbau der erneuerbaren Energien, der Modernisierung der Industrie sowie für diverse Kulturprogramme eingesetzt werden soll.
Seit dem provisorischen Inkrafttreten des über mehrere Jahre ausgehandelten Assoziationsvertrags im November 2017 unterhalten Kuba und die EU wieder vollumfängliche diplomatische Beziehungen. Neben Themen wie dem gemeinsamen Kampf gegen Drogenschmuggel und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen sehen die regelmäßigen Konsultationen auch einen maßgeblich von der EU initiierten "Menschenrechtsdialog" mit dem sozialistischen Land vor. Im Kontext der angekündigten Verschärfung der US-Blockade wollen Brüssel und Havanna wieder enger zusammenrücken. "Was uns eint ist größer als das, was uns trennt. Deshalb sollten wir den Schwerpunkt auf diejenigen Dinge legen, welche Kuba und die Europäische Union gemeinsam haben", so Navarro González.
Kubas Außenministerium verurteilte bereits im Januar die angekündigte Aktivierung des dritten Teils von Helms Burton. "Zu den zentralen Zielen des Helms-Burton-Gesetzes gehört es, Kubas wirtschaftliche, kommerzielle und finanzielle Beziehungen zu Drittländern zu behindern und seine Fähigkeit zu beeinträchtigen, Direktinvestitionen von ausländischem Kapital für seine Entwicklung anzuziehen", hieß es in einem Statement. Von den neuen Sanktionen könnten auch europäische Firmen direkt betroffen sein, falls diese auf Grundstücken oder Gebäuden operieren, die mit dem Sieg der Revolution nationalisiert wurden.
"Die extraterritoriale Anwendung des US-Embargos ist illegal, widerspricht dem Völkerrecht und ich würde es auch als unmoralisch bezeichnen", sagte Navarro in Havanna.
Während die Einschränkungen bei den familiären Geldsendungen ("Remesas") die Deviseneinnahmen der Insel empfindlich treffen dürften, ist das Ausmaß der drohenden Klagewelle gegen Unternehmen aus Drittländern noch nicht absehbar. Schätzungen aus den 1990er Jahren gehen davon aus, dass rund 200.000 Personen von der Klagemöglichkeit Gebrauch machen könnten. Es geht um Streitwerte von insgesamt rund acht Milliarden US-Dollar, bei denen es sich meist um Häfen, Grundstücke und Immobilien handelt, darunter auch der Hafen von Santiago und die Sonderwirtschaftszone Mariel (ZEDM). Kubas Regierung kündigte bereits an, Investoren, die in den USA wegen Entschädigungszahlungen vor Gericht ziehen, von künftigen Geschäften im Land auszuschließen.