Brasilien / Politik

Vier Festnahmen wegen Hackerangriff auf Justizminister Moro in Brasilien

Möglicherweise Quellen von Intercept-Leaks ergriffen. Investigativportal belastet Lava Jato-Ermittler mit neuen Enthüllungen

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Justizminister Sergio Moro feiert mit der Festnahme einen vermeintlichen Erfolg. Ein Ablenkungsmanöver?
Justizminister Sergio Moro feiert mit der Festnahme einen vermeintlichen Erfolg. Ein Ablenkungsmanöver?

São Paulo/Brasília. Brasiliens Polizei hat am Dienstag vier Personen festgenommen, die zuvor das Mobiltelefon von Justizminister Sergio Moro gehackt haben sollen. Während der Minister erklärte, die Hacker seien die anonyme Quelle der Enthüllungsplattform The Intercept Brasil, veröffentlichte diese am Freitag weitere persönliche Nachrichten, welche die ehemalige Anti-Korruptionseinheit Lava Jato, zu der Moro damals gehörte, belasten. Dass der heutige Justizminister sowie rechtskonservative Kreise die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Hacking-Attacke lenken, bewerten The Intercept sowie andere Medien als Ablenkungsmanöver.

Ein Richter ordnete am Dienstag die Verhaftung von Gustavo Henrique Elias Santos, Suelen Priscila de Oliveira, Danilo Cristiano Marques and Walter Delgatti Neto an. Die im Bundesstaat São Paulo wohnhaften Personen werden beschuldigt, sowohl das Telefon Moros als auch weiterer Mitglieder der Einheit Lava Jato gehackt zu haben.

Der als Bundesrichter im Lava Jato-Skandal bekannt gewordene Sergio Moro veröffentlichte am Mittwoch auf der Plattform Twitter eine Nachricht, in der er den Polizeikräften zu den Ermittlungen und Festnahme der Gruppe gratulierte. Diese stellte er als Kriminelle dar, die bereits in der Vergangenheit straffällig geworden seien. Der Tweet endet mit dem Satz: "Sie [die Verhafteten] sind die Quelle derer, welche die angeblichen Nachrichten veröffentlicht haben […]", und stellte die Gruppe als Quelle von The Intercept dar, die am 9. Juni mit den Enthüllungen privater Mitteilungen begonnen haben, die Sergio Moro und andere stark belasten.

The Intercept wies am Donnerstag darauf hin, dass es sich zur Identität ihrer Quellen nicht äußern werde, sondern weiterhin vom Recht auf geheime Quellen Gebrauch machen werde, wie es in Brasiliens Verfassung festgeschrieben ist. Glenn Greenwald, Journalist und Mitgründer von The Intercept, reagierte am Donnerstag ebenfalls auf Twitter auf die Anschuldigungen. In mehreren aufeinanderfolgenden Beiträgen verkündete er, nichts werde an den drei Kernpunkten etwas ändern: "1. Sogar im Brasilien von Bolsonaro braucht es Beweise, um Verbrechen zu belegen, Hashtags und prahlerische Tweets von Moro reichen nicht; 2. Für die wichtigste Art von Journalismus werden häufig anonyme Quellen verwendet [...]; 3. Nichts daran ändert die Unzulänglichkeiten von Moro und Deltan. Unsere Antwort auf all diese Gerüchte und Ablenkungen heute wird einfach sein: mehr Berichte mit diesen Daten, gemeinsam mit unseren Partnern [...] ."

Anschließend folgte am Freitagmorgen eine weitere brisante Veröffentlichung des Enthüllungsportals in Zusammenarbeit mit der Tageszeitung Folha de S.Paulo. Die publizierten Textnachrichten des Messenger-Dienstes Telegram stellen dabei die Integrität des Chef-Ermittlers im Lava Jato-Prozess, Deltan Dallagnol, in Frage. Dieser soll sich demnach für ein Referat beim Technologie-Unternehmen Neoway bezahlt haben lassen, während gegen die Firma zu diesem Zeitpunkt bereits Ermittlungen wegen Korruption im Lava Jato-Verfahren liefen – demselben Verfahren, in dem Dallagnol ermittelte.

Während Justizminister Moro behauptet, sein Telefon sei durch die Festgenommenen gehackt worden, streitet er dennoch gleichzeitig die Echtheit der veröffentlichten Nachrichten ab.