Konzerne finanzieren Militär und Justiz in Kolumbien

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„Wir sind bei der Privatisierung der Sicherheitskräfte im Dienste der multinationalen Unternehmen“, klagt Senator Iván Cepeda
„Wir sind bei der Privatisierung der Sicherheitskräfte im Dienste der multinationalen Unternehmen“, klagt Senator Iván Cepeda

Bogotá. Zwei Menschenrechtsverbände haben eine Beschwerde bei der UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierung (WGAD) wegen der Finanzierung von Einheiten des Militärs und der Staatsanwaltschaft durch den kanadischen Bergbaukonzern Frontera Energy eingelegt. Hintergrund der Beschwerde ist, dass diese Einheiten im letzten Jahr die Verhaftung von acht Einwohnern des Departamento Casanare veranlasst haben, weil sie für eine Entschädigung aufgrund von Umweltschäden durch Frontera Energy mobil gemacht hatten. Dies erklärten die zwei Beschwerdeführer, das Solidaritätskomitee mit politischen Gefangenen (CSPP) und die Organisation für Beratung und Ausbildung in Gemeinschaften (Cospacc).

Über 70 Konzerne des Bergbau- und Fossilen-Energie-Sektors finanzieren aktuell Einheiten der Sicherheitskräfte und in mehreren Fällen auch Abteilungen der Staatsanwaltschaft im Rahmen von Kooperationsabkommen. So hat die Staatsanwaltschaft Unterstützungsabteilungen (Estructuras de Apoyo, EDA) kreiert, die mit Geldmitteln nationaler und multinationaler Konzerne funktionieren und ausschließlich für die Bekämpfung von Verbrechen gegen den Fossilen-Energie-Sektor bestimmt sind. Allein die staatlich-private Erdölfirma Ecopetrol hat im Jahr 2001 EDA in sieben energiestrategischen Zonen geschaffen und im Jahr 2013 drei neue gegründet.

Der linke Senator Iván Cepeda hatte im Jahr 2015 die Existenz von 1.200 Abkommen zwischen multinationalen Unternehmen und den Sicherheitskräften im Gesamtwert von 2,5 Billionen Pesos (circa 715 Millionen Euro) herausgefunden. Cepeda verwies darauf, dass 20 Bataillone für die Sicherheit des Bergbau- und Energiesektors sowie des Straßenbaus (BAEEV) geschaffen wurden, die auf Grundstücken von Unternehmen eingerichtet worden sind. "Das ist eine Privatisierung der Sicherheitskräfte im Dienste der multinationalen Unternehmen", sagte der Senator: "De facto können die Unternehmen zu den Chefs der Armee- und Polizeieinheiten werden".

Problematisch ist auch, dass die Einheiten der Streitkräfte, die für die Sicherheit der Erdöl- und Bergbauindustrie zuständig sind, die Bevölkerung der Fördergebiete drangsalieren, vor allem die lokalen Aktivisten. Dies haben die zwei investigativ-journalistischen Organisationen "Wege des Konfliktes" (Rutas del Conflicto) und "Liga gegen das Schweigen" (Liga contra el silencio) festgestellt. Es seien auch solche Gebiete, wo die Justiz Prozesse gegen Sozialengagierte häufig unter dem Vorwurf des Terrorismus einleitet.

"Auf diese Weise werden die Sicherheitskräfte zu einer Art von Sicherheitsdienst der Unternehmen, um soziale Umweltkonflikte zu lösen oder repressiv gegen Gewerkschafter vorzugehen", sagte Cepeda. Auch die Verteidigerin von Angeklagten der EDA, Liria Manrique, kritisiert, dass die Justiz deren Interessenskonflikte leugnet. Sie könnten nicht unbefangen gegen Gegner der Unternehmer ermitteln, die sie mitfinanzieren. Ein weiteres Problem sind die zahlreichen Hinweise auf vergangene Verbindungen zwischen Paramilitärs und Firmen, mit denen die Sicherheitskräfte Kooperationsabkommen abgeschlossen haben, so die Liga gegen das Schweigen.