Mehr als Folklore: Doktorarbeit in Peru in Quechua verteidigt

Aktivistin und Doktorandin Roxana Quispe Collantes legt Prüfung in der Sprache der Inka ab. UN bekräftigt Bedeutung der Promotion

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Viele Peruaner – insbesondere diejenigen die neben Spanisch noch eine autochthone Landessprache sprechen – werden für ihren sprachlichen Akzent diskriminiert.
Viele Peruaner – insbesondere diejenigen die neben Spanisch noch eine autochthone Landessprache sprechen – werden für ihren sprachlichen Akzent diskriminiert.

Lima. In Peru hat eine Akademikerin erstmals eine Doktorarbeit in der indigenen Sprache Quechua verteidigt. Die Promotion in der Sprache der Inka traf in dem südamerikanischen Land und international auf großes Echo. Die Autorin der Arbeit forderte die Regierung indes zu einem entschiedeneren Engagement zur Reetablierung von Quechua in Wissenschaft und Institutionen auf.

Zwar wird Quechua auf dem südamerikanischen Kontinent in sieben Ländern – unter anderem in Argentinien, Brasilien, Chile und Peru – von mehr als zehn Millionen Menschen gesprochen. Jedoch hat die Sprache im Laufe der Geschichte ihre Reichhaltigkeit nach und nach eingebüßt. Aufgrund fehlender Schriftlichkeit und des ihr attestierten Folklorismus wurde sie in der kolonialen Gesellschaft aus akademischen Sphären verbannt.

Erst seit im vergangenen Oktober die peruanische Doktorantin Roxana Quispe Collantis ihre Doktorarbeit zum Thema in der Sprache ihrer indigenen Vorfahren verteidigen konnte, gibt es eine wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit in der peruanischen und internationalen Presse.

Wie sie im Gespräch mit dem Nachrichtendienst der UNO mitteilte, war es ein reiner Zufall, dass sie ihre Arbeit im "Internationalen Jahr der Indigenen Sprachen" verteidigen konnte. Jedoch sei es ihr Ziel gewesen, ihre Muttersprache wieder auf ein akademisches Niveau zu heben und nachzuweisen, dass sie anderen Sprachen gleichwertig ist. Gelernt hatte Quispe Collantis das Quechua in Ch'osecani, der dörflichen Gemeinde ihres Vaters, in die sie mit ihren Eltern aus der südlich von Cusco gelegenen Provinz Acomoya gezogen war.

Nach ihrem Studium in Cusco ging sie nach Lima, um dort ihr Studium fortzusetzen und für die akademische Anerkennung der Sprache zu kämpfen. Jedoch fand sie weder akademische noch staatliche Unterstützung für ihre Forschungsarbeit, und das, obwohl nach einer Erhebung des Nationalen Institutes für Statistik und Informatik aus dem Jahr 2017 weit mehr als zehn Prozent ihrer Landsleute Quechua sprechen.

Aufgrund der mangelnden Unterstützung und der vielen Forschungsreisen zur umfassenden Datensammlung in den verschiedenen Bauerngemeinden zog sich die Fertigstellung ihrer Dissertation über sieben Jahre hin. Die Arbeit befasst sich mit der Analyse von literarischen Quechua-Texten der Gedichtsammlung Yawar (Blutregen) vor dem Hintergrund der kulturellen Traditionen und Schrift der indigenen Sprache. Die Gedichtsammlung des aus Cusco stammenden Autors Andrés Alencastre Gutiérrez gilt als Meisterwerk der Quechua-Poesie.

Trotz der fehlenden akademischen Unterstützung erhielt Roxana Quispe Collantes ihren Doktortitel in peruanischer und lateinamerikanischer Literatur der Universidad Nacional Mayor de San Marcos in Lima mit den höchsten Auszeichnungen.

"Es ist ein bedeutender Erfolg für die indigenen Gemeinschaften, der Muttersprache gerade in diesem Jahr wieder einen positiven Wert gegeben zu haben", so Quispe Collantes. Sie forderte die Regierung auf, die Gleichgültigkeit gegenüber der indigenen Sprache abzulegen und sich für die Integration des Quechua in den Alltag einzusetzen. Die fehlende Bindung vom Staat zu den ländlichen indigenen Gemeinden verhindere deren Zugang zur Gesellschaft und Entwicklungsmöglichkeiten.

Quispe Collantes verlieh ihrer Hoffnung Ausdruck, dass ihre Arbeit ein erster Schritt sein wird, um die Sprache der Erschaffer von Meisterwerken wie Machu Picchu, der Knotenschrift Quipu oder der Tocapu-Muster wieder zu revitalisieren.