Venezuela / Wirtschaft

Einbruch des Ölpreises trifft Venezuela hart

Förderung von venezolanischem Erdöl praktisch nicht mehr wirtschaftlich. Erneut verschärfte Sanktionen durch USA erschweren Lage zusätzlich

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Der Verfall des Ölpreises trifft Venezuela in Kombination mit gezielten Sanktionen hart
Der Verfall des Ölpreises trifft Venezuela in Kombination mit gezielten Sanktionen hart

Caracas. Der aktuelle Verfall des Ölpreises auf den internationalen Märkten hat für Venezuela schwerwiegende Auswirkungen. Das südamerikanische Land hängt in hohem Maße vom Export von Erdöl ab. Seit Jahren macht der Ölverkauf weit über 90 Prozent der venezolanischen Exporte aus. Schätzungen gehen davon aus, dass Venezuela dieses Jahr zwischen 4,5 und neun Milliarden US-Dollar an Einnahmen entgehen könnten. Der Ökonom Luis Alberto Bárcenas vom Institut Ecoanálisis weist darauf hin, dass das Land auch einen Teil seiner Auslandsschulden in Öl bezahlt. Bei fallenden Preisen muss das Land mehr Öl für die Schuldbegleichung liefern, was die für den Verkauf verfügbare Menge reduziert.

Luis Crespo, Wirtschaftswissenschaftler an der Zentraluniversität Venezuelas (UCV) in Caracas, mutmaßt, dass verminderte Exporteinnahmen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro in Zahlungsschwierigkeiten bringen könnten. "Diese Krise wird große Auswirkungen haben und das Haushaltsdefizit Venezuelas weiter verschärfen", so der Ökonom. Crespo erwartet, dass die Regierung vor allem bei den staatlichen Gehältern, beim Import von Benzin und bei der Einfuhr von Lebensmittel wird Abstriche machen müssen.

Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters bot Venezuelas staatliche Erdölgesellschaft PDVSA ihren Kunden diese Woche Rabatte von bis zu 23 US-Dollar pro Fass an. Bei einem Standardpreis der Ölsorte Brent von rund 33 US-Dollar käme das venezolanische Öl der Sorte Merey gegenwärtig auf nur 10 bis 15 US-Dollar pro Fass. Die Produktionskosten pro Fass belaufen sich in Venezuela auf 10 bis 12 US-Dollar. Dazu kommen steuerliche Abgaben, welche das Unternehmen an die Regierung zahlt. Es ist also momentan nicht gewährleistet, dass Venezuela mit dem Export von Rohöl überhaupt Geld verdienen kann.

Der Energieexperte Francisco Monaldi von der Rice-Universität in Houston (USA) wird in der Reuters-Meldung mit düsteren Prognosen zitiert: "Wenn der Preiszerfall weitergeht, sehe ich eine Katastrophe für Venezuela. Die Kombination ungünstiger Variablen ist tödlich", sagte der Ökonom.

Zum Preisverfall hinzu kommen die strengen Sanktionen, mit denen die USA PDVSA und den venezolanischen Staat belegt haben. Nach ersten Finanzsanktionen gegen PDVSA im August 2017 und einem Erdölembargo im Januar 2019 verhängte die US-Regierung im August 2019 ein generelles Verbot aller Geschäfte mit venezolanischen Staatsunternehmen. Dies betrifft auch Drittstaaten und Firmen weltweit, die mit Strafen durch die US-Behörden rechnen müssen, wenn sie mit PDVSA zusammenarbeiten.

So sprachen die USA kürzlich eine Buße gegen den russischen Konzern Rosneft und seine Tochterfirma Trading SA wegen Handels mit venezolanischem Öl aus. In dieser Woche legten die USA nun nach und setzten die Tochterfirma TNK Trading International auf eine schwarze Liste. Die USA sähen sich weiterhin verpflichtet, "diejenigen zu attackieren, die die Förderung von Erdöl des korrupten Regimes unterstützen“, so US-Finanzminister Steve Mnuchin.

Eine solche extraterritoriale Anwendung von unilateralen Zwangsmaßnahmen ist völkerrechtswidrig, bringt aber Venezuelas Ölindustrie zunehmend in Schwierigkeiten.

Die Lage wird quer durch die politischen Lager in Venezuela als kritisch eingestuft. Präsident Maduro bezeichnete den Preissturz als "brutalen Schlag". Auch der Oppositionspolitiker Juan Guaidó, der die US-Sanktionen gegen sein Land unterstützt, bezeichnete die sinkenden Ölpreise als "Tragödie" für Venezuela.