Massive Menschenrechtsverletzungen seit dem Putsch in Bolivien

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Die Putsch-Regierung in Bolivien schickt wieder Soldaten in den Einsatz gegen die Bevölkerung
Die Putsch-Regierung in Bolivien schickt wieder Soldaten in den Einsatz gegen die Bevölkerung

La Paz. Seit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch die De-Facto-Regierung unter Jeanine Áñez im November 2019 sind beunruhigende Entwicklungen im Hinblick auf die Menschenrechtslage in Bolivien zu beobachten: Straflose Polizeigewalt, Verfolgung der politischen Opposition, Einschränkung der Pressefreiheit und des Rechts auf freie Meinungsäußerung, rassistische Diskriminierung von höchster Stelle und verfassungswidriges Handeln der Regierung waren in den vergangenen vier Monaten in dem Andenstaat an der Tagesordnung.

Anfang des Monats hatte die Leiterin der Ombudsstelle, Nadia Cruz, den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte aufgefordert, Bolivien einen "dringenden Besuch" abzustatten, um "die Menschenrechtsverletzungen im Zuge des Konflikts nach den Wahlen" im Oktober 2019 zu dokumentieren. "Die Konvention der Vereinten Nationen wird durch die systematischen Menschenrechtsverletzungen durch den Staat untergraben. Wir haben bereits 35 Tote, 833 Verletzte und 1.504 Festnahmen und Inhaftierungen zu verzeichnen", so Cruz. Sie wies außerdem auf die massive juristische Verfolgung von früheren Amtsträgern und die Einschränkung der Pressefreiheit hin. So habe es in den vergangenen vier Monaten 22 Anklagen wegen Aufstand und Volksverhetzung gegeben, im Vorjahr dagegen nur zwei.

Internationale Organisationen und Institutionen wie Amnesty International, Human Rights Watch, die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte, das UN-Hochkommissariat und die Organisation Amerikanischer Staaten kritisierten das Vorgehen der neuen Regierung ebenfalls scharf.

Über 850 Akademiker, Intellektuelle und Personen des öffentlichen Lebens aus aller Welt, darunter auch Noam Chomsky, hatten bereits im November letzten Jahres die internationale Gemeinschaft in einem offenen Brief aufgefordert einzugreifen.

"Wir prangern die zunehmenden, gewaltsamen Repressionen durch den bolivianischen Staat an […] [und] fordern internationale Menschenrechtsinstitutionen und -organisationen auf, die von den Regierungsvertretern begangenen Gewalttaten zu untersuchen und zu dokumentieren", hieß es darin. Thematisiert wurden unter anderem die Behinderung der internationalen Presse und der offen zur Schau gestellte Rassismus der Putschisten. So waren bei mehreren Gelegenheiten von Aktivisten der Opposition Wipalas, die Flagge, die den plurinationalen Staat Bolivien und die verschiedenen dort lebenden Ethnien repräsentiert, verbrannt worden. Die selbsternannte Interimspräsidentin Áñez hatte mit ihrer Bezeichnung der indigenen Bevölkerung als "Wilde" für Empörung gesorgt (amerika21 berichtete).