Mexiko: Wasser statt Bier – Baustopp für Brauerei

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"Das Wasser steht nicht zum Verkauf": Erfolgreicher Widerstand in Mexicali gegen den Bau einer Großbrauerei
"Das Wasser steht nicht zum Verkauf": Erfolgreicher Widerstand in Mexicali gegen den Bau einer Großbrauerei

Mexiko-Stadt. Mehr als drei Jahre hatten sich verschiedene Initiativen in der nordmexikanischen Grenzstadt Mexicali im Bundesstaat Baja California gegen den Bau einer Großbrauerei des US-Konzerns Constellation Brands engagiert. Trotz aller Proteste schritt die Errichtung des Komplexes voran. Die Behörden erteilten eine Genehmigung nach der anderen.

Das Ergebnis einer von Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador kurzfristig angekündigten und am Wochenende des 21. März durchgeführten "Volksbefragung" machte den Plänen der Unternehmensführung jedoch einen Strich durch die Rechnung. Zwar war die Wahlbeteiligung – wohl auch wegen der Corona-Pandemie – sehr gering. Von etwa 700.000 Wahlberechtigten stimmten nur knapp 37.000 in den 27 Wahllokalen ab. Doch 76,1 Prozent erklärten sich gegen Weiterbau und Betrieb der Brauerei. López Obrador interpretierte dieses Votum als bindend. Sein Angebot: Die Brauerei könne ihr Projekt in einem anderen Bundesstaat mit umfangreicheren Wasserreserven verwirklichen.

Kurzfristig schien ein juristisches Vorgehen einschließlich einer Entschädigungsklage gegen den Staat im Raum zu stehen. Nach Unternehmensangaben wurden von vorgesehenen 1,4 Milliarden bereits 900 Millionen US-Dollar in die Brauerei investiert. Doch während mexikanische Dachverbände der Privatwirtschaft teilweise wutschnaubend auf die Regierungsentscheidung reagierten, lenkte der US-Konzern überraschend schnell ein.

Ein Grund dafür könnten von López Obrador erhobene Korruptionsvorwürfe in Bezug auf frühere Genehmigungsverfahren und angekündigte Ermittlungen gewesen sein. Schon am 31. März traf sich die Konzernspitze einschließlich ihres internationalen CEO Bill Newlands und Anwälten mit Mexikos Präsident im Nationalpalast, um über Alternativen zu sprechen. Als Ausweichstandorte für die Brauerei werden die Bundesstaaten Nayarit und Tabasco genannt. Es soll weitere Gespräche geben.

Die vor wenigen Wochen noch nicht vorhersehbare Entwicklung weist interessante Nebenaspekte auf. Die kurzfristig angesetzte Volksbefragung von López Obrador stieß vielen Aktivisten in Mexicali aus verschiedenen Gründen übel auf. In einer Region mit knappen Wasserressourcen, in der die Stadtbewohner auf Trinkwasser und die Bauern auf ausreichendes Wasser für die Feldbewirtschaftung angewiesen seien, sei das Menschenrecht auf Wasser nicht im Rahmen einer Befragung verhandelbar, argumentierten manche Initiativen. Misstrauen weckte zudem eine im Vorfeld der Befragung zirkulierende Regierungsbroschüre. Darin versuchte die Nationale Wasserbehörde (Conagua), Bedenken bezüglich eines unverhältnismäßig hohen Wasserverbrauches durch Constellation Brands zu zerstreuen. Die Conagua schlug sich damit recht eindeutig auf die Seite des Konzerns. Am ersten Tag der Abstimmung wurden nach Einschätzung der Aktivisten zudem Befürworter der Brauerei in Pick-ups angekarrt – kein ungewöhnliches Vorgehen in Mexiko.

Trotzdem entschieden sich die Initiativen für die Teilnahme an der Befragung. Das Ergebnis ist letztendlich auch ein Erfolg ihrer jahrelangen Basisarbeit in Mexicali und dürfte die Stimmung in der Gesamtbevölkerung trotz der schwachen Beteiligung im Wesentlichen widerspiegeln.

Den Gegnern der Brauerei half möglicherweise auch, dass López Obrador ein Statement setzen wollte. Der gut vernetzte Zeitungskommentator Salvador García Soto weist auf eine anonyme Regierungsquelle hin: Demnach war die Entscheidung des Präsidenten weniger gegen den Großkonzern Constellation Brands gerichtet als gegen Valentín Diez Morodo, einen Großaktionär der Brauereigruppe Modelo. Dessen Engagement gegen seine Präsidentschaftskandidatur 2018 hat López Obrador offenbar nicht vergessen. Die ehemals mexikanische Brauereigruppe Modelo (mit den Marken Corona, Modelo, Pacífico, Victoria) ist seit 2013 im Besitz des Konzerns Anheuser-Busch Inbev. Die Markenrechte für Modelo in den USA besitzt jedoch Constellation Brands.

Constellation Brands dürfte den Baustopp in Mexicali bereits mittelfristig gut verkraften können. Der expandierende Konzern ist weltweit tätig. In den USA ist das Unternehmen einer der größten Hersteller und Vermarkter von alkoholischen Getränken. Zudem ist Constellation Brands in den vergangenen Jahren verstärkt in das lukrative legale Cannabis-Geschäft eingestiegen.