San Salvador. Cindy Erazo, die in El Salvador seit 2014 wegen angeblichem Kindesmord in Haft war, ist freigelassen geworden.
Sie war im 9. Monat schwanger, als sie im August 2014 in einem Einkaufszentrum in San Salvador eine Fehlgeburt hatte, wobei das Baby tot zur Welt kam. Dafür wurde sie im Jahr 2015 zu 30 Jahren Haft verurteilt.
Beim Berufungsverfahren 2016 wurde die Haftstrafe auf zehn Jahre reduziert.
Hintergrund ist das rigide Abtreibungsrecht in El Salvador, das Frauen grundsätzlich jegliche Entscheidung über eine Schwangerschaft verbietet und Abtreibungen ohne Ausnahme unter Strafe stellt, selbst wenn es medizinische Gründe für einen Abbruch gibt, um das Leben der Mutter zu retten.
Frauen wird auch bei fortgeschrittenen Schwangerschaften bei Komplikationen wie Fehl- oder Totgeburten Absicht zur Tötung des Kindes unterstellt, die Frauen werden des Kindsmordes angeklagt. Betroffen sind insbesondere arme Frauen, die einerseits wenig Bildung genießen konnten und sich andererseits keinen teuren Rechtsanwalt zu leisten können.
Cindy Erazo, heute 29 Jahre alt, ist eine von ihnen. Mindestens 18 weitere Frauen mit ähnlichem Schicksal sind nach wie vor in Haft.
In der vergangenen Woche konnte sie zu ihrer Familie und zu ihrem zehnjährigen Sohn zurückkehren. Sie wurde unter Auflagen "vorzeitig" freigelassen, weil sie mehr als die Hälfte der Haftstrafe verbüßt hat.
Die Frauenorganisation Agrupación Ciudadana, die sie und die anderen Frauen seit Jahren bei den Gerichtsverfahren unterstützt, will auf die endgültige Freilassung hinwirken.
El Salvador hat eines der striktesten Abtreibungsgesetze der Welt. Selbst zehnjährige Mädchen, die aufgrund sexueller Gewalt schwanger wurden, müssen das Kind zur Welt bringen.
Insbesondere während des Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr verbreitete sich häusliche Gewalt weit. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden 114 Mädchen zwischen zehn und 14 Jahren in den Monaten April bis Juni durch Vergewaltigungen schwanger. Auch sie dürfen die Schwangerschaft nicht unterbrechen.
Menschenrechtsorganisationen im In- und Ausland fordern schon lange die Regierung von El Salvador auf, das Abtreibungsgesetz zu reformieren.
Vor wenigen Monaten forderten die Vereinten Nationen, die jetzt noch inhaftierten Frauen freizulassen, die willkürlich und ungerechtfertigt wegen Schwangerschaftskomplikationen festgehalten werden, "insbesondere im Kontext der gegenwärtigen Pandemie".
Es wird befürchtet, dass diese Frauen im Gefängnis wegen der dort herrschenden schlechten hygienischen Umstände und der Unmöglichkeit Abstand zu halten, zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein könnten. Die Regierung ist aufgefordert Maßnahmen zu ergreifen, die Frauen, die Schwangerschaftskomplikationen wie spontane Geburten erlitten haben, unterstützen und schützen.