Historisches Urteil in Mexiko: Oberstes Gericht legalisiert Abtreibung auf Bundesebene

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Großer Sieg der Frauenbewegung nach einem langen Kampf: Der Straftatbestand der Abtreibung wird aus dem Bundesgesetz gestrichen
Großer Sieg der Frauenbewegung nach einem langen Kampf: Der Straftatbestand der Abtreibung wird aus dem Bundesgesetz gestrichen

Mexiko-Stadt. Der mexikanische Oberste Gerichtshof (SCJN) hat den Paragrafen des Strafgesetzbuches, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt, für ungültig erklärt. Das Urteil erfolgte einstimmig.

Anlass war die Beschwerde einer feministischen Nichtregierungsorganisation. Damit müssen Gesundheitsdienste und Krankenhäuser landesweit Frauen den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ermöglichen.

Das Gericht ordnete an, dass der Straftatbestand der Abtreibung aus dem Bundesgesetz gestrichen wird. "Die Erste Kammer hat entschieden, dass das Rechtssystem, das den Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch kriminalisiert, verfassungswidrig ist, da es die Menschenrechte von Frauen und Personen, die schwanger werden können, verletzt", hieß es in der Begründung.

Das Urteil ist historisch, weil der Schwangerschaftsabbruch zwar in mehreren Bundesstaaten entkriminalisiert wurde, aber im Großteil noch nicht.

Der Hauptstadtdistrikt Distrito Federal war 2007 der erste, der Schwangerschaftsabbrüche legal machte. Danach geschah lange nichts, bis 2019 ein zweiter Bundesstaat, Oaxaca, nachzog. Bis zum August 2023 folgten zehn weitere Bundesstaaten. Damit stand Abtreibung in bestimmten Fällen immer noch in 20 Bundesstaaten unter Strafe.

Mit dem jetzigen Urteil wird die Gesetzgebung bundesweit einheitlich geregelt werden, Richter:innen auf Landes- und lokaler Ebene müssen es umsetzen. Der Bundesgesetzgeber muss den Straftatbestand aus dem Gesetzbuch entfernen.

Die Regelung bezieht sich auf Abtreibungen, die bis zur 12. Schwangerschaftswoche geschehen. Dafür können weder die abtreibenden Personen noch das medizinische Personal kriminalisiert werden.

Anlass für die Entscheidung des Gerichts war eine juristische Strategie der feministischen Nichtregierungsorganisation Gire (Grupo de Información en Reproducción Elegida - Gruppe zur Information über reproduktive Wahlfreiheit). Diese hatte bereits in den vergangenen Jahren die Gesetzgebung in einzelnen Bundesstaaten, die Schwangerschaftsabbrüche immer noch kriminalisierten, bekämpft.

Auf der Grundlage des Urteils über die Verfassungswidrigkeit des Straftatbestands der Abtreibung im Strafgesetzbuch von Coahuila, das vom Obersten Gerichtshof der Nation im September 2021 einstimmig gefällt wurde (amerika21 berichtete), reichte GIRE eine einstweilige Verfügung gegen den Unionskongress und die Bundesregierung ein. Diese hatten eine Verordnung erlassen, die die Abtreibung kriminalisiert.

Frauenorganisationen in Mexiko wie Fondo María und Católicas por el Derecho de Decidir feierten das Urteil des Gerichtshofs. Amnesty International Mexiko schrieb: "Heute ist ein Tag des Sieges und der Gerechtigkeit für mexikanische Frauen! Der SCJN entkriminalisiert die Abtreibung im ganzen Land, ein großer Schritt in Richtung Geschlechtergerechtigkeit und Freiheit der Frauen."

Die Menschenrechtsverteidiger:innen von GIRE erklärten, sie vertrauten den gesetzgebenden Körperschaften der verschiedenen Bundesstaaten, das Urteil ernst zu nehmen und das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung durchzusetzen. Sie riefen dazu auf, am 28. September für die Umsetzung des Urteils auf die Straße zu gehen.

Der 28. September wird seit 1990 in vielen Ländern als Tag für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen begangen.