Mexiko-Stadt. Während einer Pressekonferenz hat das mexikanische Sekretariat für Menschenrechte bekannt gegeben, dass im Zeitraum vom 1. Januar bis 25. November 2020 11.841 Menschen vermisst gemeldet wurden. Davon wurden bislang insgesamt knapp 6.000 Menschen tot oder lebendig wieder aufgefunden. Alle anderen gelten weiterhin als verschollen.
Damit gehen die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr zurück. 2019 wurden mehr als 18.000 Menschen als vermisst gemeldet – von 8.000 fehlt bislang weiterhin jede Spur.
Der Sekretär für Menschenrechte, Alejandro Encinas, erklärte den Rückgang damit, dass nicht alle Bundesstaaten gleichauf liegen bei der Registrierung von vermissten Personen. Die Statistik basiert auf bereitgestellten Informationen staatlicher Behörden und hängt dementsprechend maßgeblich von deren Kooperationswillen ab. Es gebe demnach erhebliche Unterschiede in den Bundesstaaten, sowohl bei der Aufklärung der Verbrechen als auch deren Registrierung, so Encinas.
Ein Drittel der Vermissten wurde im Bundesstaat Jalisco gemeldet. Im Gegensatz dazu gab es in diesem Jahr auch Bundesstaaten, die keine oder weniger als 20 Personen offiziell als verschwunden registrierten. Darunter auch der Bundesstaat Chihuahua, der im Norden an die USA grenzt und seit Jahren ein Schauplatz des Drogenkriegs ist. Es wird davon ausgegangen, dass viele der Vermissten gar nicht erst in den Statistiken auftauchen.
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Seit 1964 registriert der mexikanische Staat verschwundene Personen. Derzeit liegt die Gesamtzahl bei weit mehr als 75.000. Seit 2006 steigen die Zahlen weiter rasant an. Viele machen dafür die Politik der Regierung von Präsident Felipe Calderón verantwortlich, die in dem Jahr mit der militärischen Offensive gegen die Drogenkartelle begonnen hat.
Hinter 90 Prozent der Fälle wird das organisierte Verbrechen vermutet, aber auch korrupte Sicherheitskräfte, die mit den Drogenkartellen zusammenarbeiten. Die Verbrechen, die die Suchkommission mit den Verschwundenen in Verbindung bringt, sind Entführungen und gezieltes Verschwindenlassen sowie Mord, Menschenhandel und Feminizid.
Die Leiterin der Nationalen Suchkommission, Carla Quintana, machte auch auf die Fälle verschwundener Frauen aufmerksam: Etwas mehr als ein Drittel der in Mexiko registrierten Verschwundenen sind weiblich. Von derzeit insgesamt 12.034 vermissten Frauen sind 34 Prozent zwischen 14 bis 19 Jahre alt.
Präsident López Obrador versprach bei seinem Amtsantritt 2018, die Fälle der Verschwundenen aufzuklären. Seit Beginn seiner Amtszeit hat das Innenministerium knapp 1.339 Massengräber, verteilt auf 751 Standorte, gefunden. Nur 35 Prozent der geborgenen Leichen konnten identifiziert werden. Für viele Familien bleibt damit das Schicksal ihrer Angehörigen weiterhin unklar.