Mexiko: Beschuldigte Militärs im Fall Ayotzinapa auf Kaution freigelassen

mexiko_ayotzinapa.jpg

Die Angehörigen der Verschwunden von Ayotzinapa fordern Gerechtigkeit
Die Angehörigen der Verschwunden von Ayotzinapa fordern Gerechtigkeit

Mexiko-Stadt. Am 10. Mai, dem mexikanischen Muttertag, nur wenige Stunden nachdem Eltern für ihre verschwundenen Angehörigen demonstriert hatten, sind acht im Fall Ayotzinapa beschuldigte Soldaten freigelassen worden. Die wegen organisierter Kriminalität angeklagten Soldaten konnten das Militärgefängnis verlassen, nachdem sie eine Kaution von jeweils 100.000 Pesos (5.000 Euro) hinterlegt hatten.

Die Generalstaatsanwaltschaft (FGR) gab darauf hin zu, sie habe Probleme, für die Verantwortlichen für das gewaltsame Verschwindenlassen der 43 Studenten aus Ayotzinapa eine Verurteilung zu erwirken. Sie forderte die Justizbehörden auf, die Angeklagten nicht so zu behandeln, "als hätten sie ein normales Verbrechen begangen". Der Fall sollte vielmehr als "Staatsverbrechen" geahndet werden, wie er auch von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen benannt würde.

Die FGR hebt neue Ermittlungslinien hervor und betont, insgesamt seien 124 Personen verhaftet worden. Diese wurden des gewaltsamen Verschwindenlassens, der organisierten Kriminalität, der Folter, der Entführung und des Mordes angeklagt. Im Laufe des vergangengen Jahres sei außerdem an 43 Orten im Bundesstaat Guerrero nach menschlichen Überresten gesucht worden, wobei 663 Fragmente von Knochen gefunden wurden.

In einer ersten Reaktion auf die bedingte Freilassung der Militärs und der FGR-Stellungnahme betonte der Anwalt David Peña, die Staatsanwaltschaft habe seit dem Verschwinden der 43 Studenten am 26. September 2014 gravierende Defizite bei der Ermittlung und Anklageerhebung gegen mögliche Beteiligte gehabt. So sind von den insgesamt 124 Verhafteten inzwischen 90 wieder frei, viele von ihnen, weil unter der Vorgängerregierung von Enrique Peña Nieto bei den Verhören Folter angewandt wurde.

Die meisten Anklagen lauteten auf Entführung, ein mit hohen Haftstrafen belegtes Delikt, das jedoch per Definition eine Lösegeldforderung impliziert, die es in diesem Fall nie gab. Erst die 36 seit letztem Jahr erlassenen Haftbefehle klagen Personen aus den kriminellen Banden und dem Staatsapparat des Delikts des gewaltsamen Verschwindenlassens an, betonte Peña.

Zudem kritisierte er die Staatsanwaltschaft bezüglich ihrer Argumentation des "Staatsverbrechens" im Fall Ayotzinapa: "Dies ist eine politische Behauptung, denn es gibt im Strafrecht schlicht kein Staatsverbrechen, das als strafbares Verhalten geahndet werden kann. Die Generalstaatsanwaltschaft kehrt in die politische Sphäre zurück, sie sollte jedoch in der juristischen Sphäre stärker sein. Diese Militärs der im Strafgesetzbuch definierten Straftaten zu überführen ist eine technische Angelegenheit, keine politische", urteilte Peña.

Am Mittag des 13. Mai reagierte auch eine Gruppe von Studierenden aus der Lehramtsschule von Ayotzinapa auf die Freilassung der Militärs. Sie stürmten vor den Regierungspalast in Mexiko-Stadt und attackierten die dort postierte Polizei mit Böllern. 25 Polizisten wurden mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Demonstrierende wurden nicht verhaftet.

Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador kritisierte tags darauf die Freilassung der Militärs auf Kaution und kündigte von Seiten der Untersuchungsbehörden Einspruch gegen diesen richterlichen Entscheid an.

Den Protest vor dem Präsidentenpalast nannte er eine “Provokation”, die dazu dienen sollte, seine Regierung zu einer Reaktion zu zwingen, um sie als repressiv darstellen zu können.