Indigenenbewegung kritisiert Kriminalisierung von Aktivist:innen in Ecuador

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Leonidas Iza überreicht der Präsidentin des Parlaments die Forderung "Amnestie Jetzt"
Leonidas Iza überreicht der Präsidentin des Parlaments die Forderung "Amnestie Jetzt"

Quito. Der Indigenendachverband Conaie in Ecuador hat zusammen mit weiteren ecuadorianischen Gruppierungen eine Amnestie für festgenommene, mehrheitlich indigene Aktivist:innen und politische Führungspersonen gefordert. Sie überreichten der Nationalversammlung eine Liste mit den entsprechenden 260 Fällen.

An der Forderung "Amnestie Jetzt" beteiligten sich unter anderem der Kichwa-Dachverband Ecuarunari und Abgeordnete der Partei "Pachakutik", der politische Arm von Conaie.

Ein Großteil der 260 in der Forderung aufgelisteten Aktivist:innen wurde im Oktober 2019 festgenommen. Vor knapp zwei Jahren ereigneten sich während der Amtszeit des damaligen Präsidenten Lenin Moreno die größten Proteste in der jüngeren Geschichte Ecuadors. Ausgelöst durch die Streichung staatlicher Subventionen auf Treibstoffe fanden landesweite Generalstreiks statt, angeführt von der Indigenenbewegung. Es kam zu massiver Repression gegen Demonstrierende und zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Einsatzkräften (amerika21 berichtete).

Der Pachakutik-Politiker Marlon Santi beklagte in seiner Rede vor der Nationalversammlung den Tod von elf Demonstrant:innen im Zuge der Proteste. Ihm zufolge habe die ecuadorianische Regierung die ausbleibende juristische Aufarbeitung dieser Ereignisse und die andauernde Verfolgung von indigenen Führungspersonen zu verantworten. Es sei die Aufgabe aller Abgeordneten, sich dagegen einzusetzen.

Im Parlament erinnerten der Präsident von Conaie, Leonidas Iza, an die Demonstrationsfreiheit: "Die Unternehmen verfolgen uns, der Staat schikaniert uns (…) Widerstand ist ein Recht, kein Verbrechen. Wir brauchen sichere Räume, um unsere verfassungsmäßigen Rechte auszuüben." Amnestien würden die nationale Versöhnung fördern, so Iza.

Die Forderung schließt auch festgenommene Umweltaktivist:innen und indigene Führungspersonen mit ein, die sich in ihren Territorien gegen Ressourcenabbau wie die Förderung von Öl, Metallen und anderen Rohstoffen einsetzen. In vielen Fällen kommt es dabei zu Konflikten zwischen dem Staat, der den Abbau fördert, (inter-)nationalen Unternehmen und den lokalen Bevölkerungen.

Das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO 169) über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern garantiert indigenen Völkern rechtsverbindlichen Schutz ihrer Territorien und Grundrechte. Es sieht eine vorherige und umfassende Konsultation der von Ressourcenabbau betroffenen indigenen Gemeinden vor. In vielen Fällen wird das Abkommen allerdings nicht oder nur unzureichend umgesetzt. In anderen Fällen handelt es sich um illegalen Bergbau.

Die Parlamentspräsidentin Guadalupe Llori nahm die Forderung entgegen und versprach, sich damit an Präsident Guillermo Lasso zu wenden. Sie wies auf die Verpflichtung des neugewählten Präsidenten hin, gegen politische Verfolgung vorzugehen. Er ist seit dem 24. Mai 2021 im Amt.

Laut Artikel 120 der Verfassung, Absatz 13 kann die Nationalversammlung mit der Zustimmung von zwei Dritteln ihrer Abgeordneten Amnestie für politische Straftaten und Begnadigungen aus humanitären Gründen gewähren.