Peru / Politik

Droht Linksregierung in Peru die Spaltung?

Regierungspartei möchte in Vertrauensvotum gegen neues Kabinett stimmen. Parteichef Vladimir Cerrón und Präsident Pedro Castillo geraten in Konflikt

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In den sozialen Medien äußerte die Partei – allen voran Parteichef Vladimir Cerrón (Bild) – offen ihren Unmut über die Kabinettsumbildung
In den sozialen Medien äußerte die Partei – allen voran Parteichef Vladimir Cerrón (Bild) – offen ihren Unmut über die Kabinettsumbildung

Lima. Die Fraktion der Regierungspartei Freies Peru (Perú Libre, PL) soll laut internem Beschluss dem neu ernannten Kabinett das Misstrauen aussprechen. Dies verkündete Parteichef Vladimir Cerrón am Donnerstag. Der Entscheidung war ein außerordentlicher Parteitag vorausgegangen. Mehrere PL-Fraktionsmitglieder verkündeten bereits, dass sie sich dem Parteitagsbeschluss widersetzen werden. Beobachter:innen befürchten eine Spaltung, die eine deutliche Schwächung von Präsident Pedro Castillo zur Folge hätte.

Vorvergangene Woche hatte der Präsident seinen umstrittenen Premier Guido Bellido zum Rücktritt gezwungen und eine erste umfassende Kabinettsumbildung nach nur zweieinhalb Monaten Amtszeit vorgenommen. Cerrón hatte die Entscheidung, die ohne das Einvernehmen mit der Parteispitze getroffen wurde, bereits damals scharf kritisiert und als "Verrat" bezeichnet (amerika 21 berichtete).

Der Unmut des Parteivorsitzenden richtete sich auch darauf, dass durch die Kabinettsumbildung mehrere Parteifunktionäre zwar durch Persönlichkeiten aus der gesellschaftlichen Linken, aber ohne PL-Parteibindung ersetzt wurden. Dies zeigte sich vor allem an der wichtigsten Personalie: Als Kabinettschef wurde der PL-Regionalvorsitzende von Cusco, Bellido, nun durch Mirtha Vásquez vom de-facto-Koalitionspartner Gemeinsam für Peru ersetzt.

Das jetzige Kabinett sei damit, so Cerrón, ein Kabinett von Salonlinken ("caviares"), dessen Neubesetzungen der Präsident ohne Absprache mit der Partei ausgeführt habe. Diese Umbildung stelle eine "politische Wende" der Regierung von Castillo in Richtung "Mitte-rechts" dar. Deshalb solle die Fraktion nun gegen die eigene Regierung abstimmen. Als weitere Maßnahme sagte die Fraktion ein für Montag geplantes Treffen mit Premierministerin Vásquez ab.

"Wir Parteimitglieder handeln immer organisch, lasst uns den Parteitagsbeschlüssen Folge leisten", rief Ex-Premier Bellido die Abgeordneten der PL-Fraktion zum Gegenvotum bei der Vertrauensabstimmung auf. Diesem Aufruf wollen allerdings längst nicht alle nachkommen. Mehrere PL-Parlamentarier:innen kündigten bereits ihren Widerstand an. So etwa auch der Kongressabgeordnete Guillermo Bermejo: "Ich unterstütze den Präsidenten und das Kabinett." Eine Spaltung um den Willen einer Machtdemonstration hält er für falsch, da man so der Rechten in die Hände spiele: "Spalten bedeutet, gemeinsame Sache mit den Putschisten zu machen."

Präsident Castillo selbst hielt sich in den letzten Tagen weitgehend zurück. Seinen eigenen Parteichef und insbesondere dessen Auslassungen auf Twitter ermahnte er dennoch. "Heute denken sie, dass sich mit einem Tweet das Land verändern lässt. Doch so funktioniert es nicht. Man verändert das Land, indem man an der Seite der Bevölkerung arbeitet, mit ihr kämpft", so das Staatsoberhaupt gegenüber der Presse bei einem Termin in der Region San Martín.

Die neue Kabinettschefin Vásquez reagierte ebenfalls empört auf den Gegenwind aus den Reihen der PL: "Ich bedauere es, dass innerhalb der Partei manchmal nicht die Vernunft siegt. Wir sollten wissen, dass die Stabilität des Staates notwendig ist, um die Bevölkerung voranzubringen."

Derweil hält sich die Rechte bislang noch bedeckt, ob sie gemeinsam mit der Mehrheit der PL-Fraktion gegen das Kabinett stimmen möchte. Einige wittern in der drohenden Spaltung der Regierungspartei eine Chance.

"Das ist ein Thema, das uns alle beschäftigt, die Spaltung kann die Verhältnisse im Parlament umkrempeln", kommentierte der Fraktionssprecher der fujimoristischten Volkskraft, Hernando Guerra García. José Williams Zapata von der rechtsliberalen Fraktion, Fortschritt für das Land, begrüßt ebenfalls die Flügelkämpfe von PL. Dass der linke Flügel unter Cerrón isoliert werde sei eine "gute Nachricht".

Jedes neue Kabinett muss eine Vertrauensfrage im Kongress bestehen. Versagt er der Regierung zweimal das Vertrauen, kann der Präsident den Kongress auflösen und Parlamentsneuwahlen ausrufen.