Peru / Politik

Linksregierung in Peru besteht erste Feuerprobe

Knappe Mehrheit im Parlament bestätigt Kabinett der Regierung von Präsident Castillo. Rechtsparteien wollen als "Wand des Widerstands" Reformbemühungen blockieren

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Präsident Pedro Castillo (Mitte rechts) und sein Kabinettschef Guido Bellido (Mitte links)
Präsident Pedro Castillo (Mitte rechts) und sein Kabinettschef Guido Bellido (Mitte links)

Lima. In einer Abstimmung hat der peruanische Kongress dem Kabinett von Präsident Pedro Castillo am Freitag das Vertrauen ausgesprochen. Nach zwei Tagen hitziger Parlamentsdebatten bestätigten 73 der 130 Abgeordneten die Minister:innen der neuen Linksregierung. Damit nahm Castillo, der im Parlament nur über eine Minderheit verfügt, die erste große Hürde seiner Amtszeit.

"Ich danke dem Plenum des Kongresses für sein Vertrauen. Die Suche nach Gemeinsamkeiten wird es uns erlauben, zusammen mit dem Volk für eine soziale Politik zu regieren", kommentierte der Präsident in einem Tweet den Ausgang der Abstimmung.

Dass das Votum für die Regierung positiv ausgehen würde, war im Vorfeld alles andere als klar gewesen. Die beiden Linksparteien Freies Peru (Perú Libre) und Gemeinsam für Peru (Juntos por el Peru) verfügen im Kongress nur über 42 Sitze. Zudem war Castillo für die Zusammensetzung seines Kabinetts von mehreren Seiten unter Beschuss geraten. Gerade die Personalie des Kabinettschefs Guido Bellido hatte unter Rechtspolitiker:innen, aber auch gemäßigten Liberalen für Empörung gesorgt (amerika21 berichtete). Mit dem Rücktritt des Außenministers Héctor Béjar vergangene Woche war bereits das erste Mitglied des jungen Kabinetts gefallen (amerika21 berichtete ebenfalls).

Dementsprechend aufgeladen gestalteten sich nun die Parlamentsdebatten diese Woche. Bellido legte in seiner Eröffnungsrede die Reformpläne der Regierung dar und sorgte für Aufsehen, als er mehrere Passagen in Quechua vortrug – eine der offiziellen Landessprachen des Andenstaats.

"Die offizielle Sprache Perus ist immer noch Spanisch!", kommentierte Jorge Montoya von der ultrarechten Volkserneuerungspartei (RP). Auch die Parlamentspräsidentin María del Carmen Alva ermahnte Bellido, doch bitte nicht weiter in seiner Muttersprache zu sprechen. Dieser verwies wiederum auf die Verfassung und antwortete auf Quechua: "Wir dürfen Quechua und Spanisch reden."

Laut dem Zensus von 2017, ist jede:r zehnte Peruaner:in des Quechua mächtig.

Anschließend "provozierte" der Ministerpräsident, indem er während der Debatte Kokablätter zu sich nahm – ein traditionelles andines Genussmittel.

Doch die Auseinandersetzungen mit der Rechten beschränkten sich während der Debatte nicht nur auf Fragen eines "Kulturkampfes" zwischen der indigen geprägten Mestizo-Mehrheitsbevölkerung und den europäisch-stämmigen Küsteneliten, die seit jeher die peruanische Politik dominieren.

Der Sprecher der Fujimori-Partei Volkskraft (Fuerza Popular, FP), Nano Guerra, erklärte mit Bezug auf die Regierung Castillo: "Sie werden mit Fuerza Popular eine Wand des Widerstands gegen die totalitären Impulse, die Verfassung zu unterminieren, finden".

Eines der Hauptanliegen der Regierung Castillo ist es, die derzeit gültige Verfassung, die infolge des "Selbstputsches" von Präsident Alberto Fujimori 1993 erlassen worden war, zu reformieren.

Dessen Tochter und Oppositionsführerin Keiko Fujimori hatte zuvor noch versöhnliche Töne angeschlagen: "Wir verstehen, dass es einen Dialog [mit der Regierung] geben muss." Auch erkannte sie erstmals die Legitimität des Präsidenten Castillo an, nachdem sie diesem monatelang massiven Wahlbetrug vorgeworfen hatte.

Nichtsdestotrotz sprachen die Rechtsparteien FP, RP und Fortschritt für das Land (Avanza País) der Linksregierung geschlossen ihr Misstrauen aus.

Die politische Polarisierung wurde auch auf die Straße getragen. Sowohl Anhänger:innen und Sympathisant:innen der Regierung als auch Gegner:innen hatten in den Tagen vor der Abstimmung über das Kabinett in der Hauptstadt Lima demonstriert.