Uruguay / Menschenrechte

Angehörige von Diktaturverbrechern in Uruguay wollen den Staat verklagen

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Versuch des Geschichtsrevisionismus in Uruguay
Versuch des Geschichtsrevisionismus in Uruguay

Montevideo. Militärs, Polizisten und Zivilisten, die während der Diktatur in Uruguay Verbrechen gegen die Menschheit begangen haben, werden von nun an von einer neuen Angehörigenorganisation verteidigt. Die Gruppe will eine andere Geschichtsauffassung im öffentlichen Bewusstsein installieren. Es geht um Täter, die wegen mehrfachen Mordes und Folterungen angeklagt oder verurteilt sind. Sie seien politische Gefangene und keine Unterdrücker.

Die NGO nennt sich "Angehörige von Politischen Gefangenen – Uruguay". Die Gruppe arbeite mit Anwaltsbüros in New York und Genf zusammen, um vor internationalen Gerichten eine Klage gegen den uruguayischen Staat einzureichen.

Einer ihrer Sprecher, Diego Flores, erklärte, man habe sich mit dem Generalstaatsanwalt, Juan Gómez, besprochen und ihm die Sorge um die Gefangenen in Untersuchungshaft mitgeteilt. Die Verwandten hätten ihn aufgefordert, er solle die Staatsanwälte "anweisen", keine Sicherungsverwahrung mehr gegen sie zu beantragen.

Es handle sich um "ältere Menschen, die vollständig in die Gesellschaft integriert sind, für niemanden eine Gefahr darstellten und keine Möglichkeit hätten, das Land zu verlassen." Der Generalstaatsanwalt habe Respekt und Verständnis gegenüber diesem Vorschlag gezeigt.

Die Organisation will erreichen, dass die Justiz die bisherige Klassifizierung als Menschenrechtsverbrechen umändert, denn es seien nur "gewöhnliche Delikte". In Uruguay verjähren Verbrechen gegen die Menschheit im Gegensatz zu gewöhnlichen Straftaten nicht. Die Täter aus den Zeiten des Staatsterrorismus würden mit diesen Begründungen extrem begünstigt. Falls diese strategischen Forderungen Erfolg haben, würden viele Täter sofort freikommen. Ihre späte Strafverfolgung und Verurteilung – generell erst 20 Jahre und länger nach Ende der Diktatur – hat die Verjährungszeiten verkürzt.

Flores sagte, der Großteil der Delikte habe unter einer demokratischen Regierung im Rahmen der damals verordneten "Sondermaßnahmen" stattgefunden. Zudem gelte nach einigen von Uruguay unterzeichneten internationalen Rechtsverträgen die Möglichkeit, rückwirkend strafrechtliche Einstufungen vorzunehmen.

Die neue NGO wird in den kommenden Tagen vor der Kommission für Rechtssprechung und Verfassungsfragen des Senats ihren Standpunkt darlegen. Dort diskutiert man derzeit das Gesetzesprojekt der rechtsaußen stehenden Partei Offene Versammlung (Gabildo Abierto). Danach sollen Dutzende von Menschenrechtsverbrechern aus Altersgründen in den Genuss von Hausarrest kommen.