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Prozess in Peru wegen Zwangssterilisationen verzögert. Wird Fujimori begnadigt?

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Die Organisation der von Zwangssterilisierung betroffenen Frauen setzt sich seit Jahrzehnten für Gerechtigkeit ein
Die Organisation der von Zwangssterilisierung betroffenen Frauen setzt sich seit Jahrzehnten für Gerechtigkeit ein

Lima. Ein Gerichtsprozess wegen den in den 1990er Jahren erfolgten Zwangssterilisationen an überwiegend armen, indigenen Frauen in Peru steht durch die Auswechslung eines Richters auf der Kippe.

Richter Rafael Martínez, der sich seit drei Jahren in den Fall eingearbeitet hatte, wurde nun wegen Korruptionsvorwürfen abgezogen. Ihm oblag die Entscheidung, Ermittlungen unter anderem gegen den Ex-Präsidenten Alberto Fujimori, drei ehemalige Gesundheitsminister (Eduardo Yong Motta, Ricardo Luis Costa Bauer und Alejandro Aguinaga) sowie den Abgeordneten Alejandro Aguinaga aufzunehmen. Die betroffenen Frauen und deren Anwält:innen befürchten nun, dass sich das Verfahren weiter in die Länge ziehen wird.

Konkret geht es um fünf Frauen, die infolge der Zwangssterilisationen gestorben sind, und weitere 1.301 Frauen mit schweren physischen und psychischen Folgeschäden. Sie hatten bereits 2002 Klage eingereicht. Die fast 20 Jahre andauernden Verzögerungen begreifen die Frauen als Diskriminierung, fehlenden Respekt und Erniedrigung. Zugleich sind immer mehr Opfer der Zwangssterilisationen mittlerweile an Krebs, Covid-19 und anderen Krankheiten verstorben, ohne jemals Gerechtigkeit erfahren zu haben.

Jennie Dador, Generalsekretärin der Nationalen Koordination für Menschenrechte, verglich dies mit dem Kampf von David gegen Goliath, mit überwiegend armen, indigenen, quechua-sprachigen Frauen auf der einen und hochrangigen Politiker:innen auf der anderen Seite. "Wenn der Prozess nicht eröffnet wird, bleibt uns als letzte Möglichkeit nur noch die internationale Justiz", sagt die Anwältin María Ysabel Cedano, welche die Frauen rechtlich vertritt.

Die Zwangssterilisationen fanden in der Regierungszeit Fujimoris zwischen 1990 und 2000 statt. Betroffen waren fast 300.000 Menschen, überwiegend indigene Frauen aus ländlichen Regionen. Sie wurden als "Familienplanung" und "Armutsbekämpfung" legitimiert. Zwischen 1996 und 2000 fanden vielfach "Gesundheitsfestivals" mit Feuerwerk und Musik in abgelegenen ländlichen Gebieten statt, bei denen die Frauen anschließend, ohne ihre Einwilligung und ohne sie darüber informiert zu haben, sterilisiert wurden. Die Regierung setzte dabei auf die Belohnung der durchführenden Ärzt:innen in Form von Prämien für diejenigen, die die meisten Sterilisierungen durchführten, sowie angedrohte Kündigungen für jene, die weniger durchführten.

Der amtierende Präsident Pedro Castillo versprach den Frauen Gerechtigkeit und verwies auf seine eigene Familie, in der es auch Zwangssterilisationen gegeben habe.

Indes steht jedoch eine mögliche Begnadigung Fujimoris im Raum, der wegen Korruption und schweren Menschenrechtsverletzungen zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde. Aníbal Torres, Minister für Justiz und Menschenrechte, eröffnete die Möglichkeit, eine Begnadigung zu prüfen. Fujimori ist schwer krank und musste kürzlich vom Gefängnis ins Krankenhaus verlegt werden. Dies mache eine humanitäre Begnadigung möglich, bisher habe es jedoch kein Ersuchen seiner Familie gegeben.

Fujimori war 2017 bereits vom damaligen Presidenten Pedro Pablo Kuczynski begnadigt worden. Dies sorgte für massive Kritik und Proteste, woraufhin die Begnadigung damals wieder zurückgezogen wurde.