Bogotá. Anlässlich des Jahrestags des landesweiten Streiks von 2021 haben sich auf den Straßen der kolumbianischen Großstädte tausende Menschen zu Demonstrationen versammelt.
Ein Jahr nach den großen Protesten fanden sich vom 28. April bis zum 1. Mai erneut zahlreiche Kolumbianer:innen zusammen. In Erinnerung an den Jahrestag des "Paro Nacional" zogen sie durch die Zentren von Bogotá, Medellín, Cali, Barranquilla, Bucaramanga und anderen Städten.
Mit den diesjährigen Demonstrationen, die größtenteils friedlich verliefen, gedachten die Teilnehmer:innen mit verschiedenen Veranstaltungen, symbolischen Aktionen und künstlerischen Interventionen auch der Opfer der vergangenen Proteste. Laut Berichten der Nichtregierungsorganisation Temblor und der Universidad de Los Andes starben bei dem Streik mehr als 80 Personen, viele von ihnen durch Polizeigewalt.
Landesweit waren laut Verteidigungsminister Diego Molano 50.000 Polizist:innen und 22.000 Soldat:innen eingesetzt. Innenminister Daniel Palacios erklärte, dass es im Verlauf des Donnerstags in den Städten Bogotá, Medellín, Tunja, Popayán und Pereira zu "geringfügigen Zwischenfällen" gekommen sei, die "ein Einschreiten der Sicherheitskräfte erforderten". Hierbei wurden nach Angaben der Nationalpolizei 47 Menschen festgenommen.
In Bogotá verzeichneten die Proteste circa 2.000 Teilnehmer:innen. Diese versammelten sich an zentralen Orten der Hauptstadt, wie beispielsweise dem Parque Nacional, am Plaza de Bolívar und an der Universidad Nacional. Vereinzelt fanden Kundgebungen statt, bei denen die Motive für die Proteste geäußert wurden, darunter die Forderung nach einer umfassenden Agrarreform, die fehlende Unterstützung für die indigene Bevölkerung und ihre Territorien, die Gewalt gegen sozial Aktive, die hohen Lebenskosten sowie Natur- und Umweltschutz.
Trotz des hauptsächlich friedlichen Ablaufs der Demonstrationen kam es am Donnerstagnachmittag an der Universidad Nacional zu Zusammenstößen zwischen den Protestierenden und den Polizeikräften der Esmad. Des Weiteren kam es an einzelnen Busstationen des Transmilenio zu Sachbeschädigungen.
Auch Vertreter:innen von verschiedenen sozialen Organisationen, die sich für die Rechte von Kleinbäuerinnen und -bauern sowie für die Rechte indigener und Schwarzer Gemeinschaften einsetzen, waren bei den Demonstrationen am Donnerstag in Bogotá vertreten. Bereits am Tag zuvor organisierten sie dort einen Protestmarsch an der Universidad Pedagógica, wo sich auch der Sitz der Vereinten Nationen befindet, und reichten ihre "Erklärung des humanitären Notstands" ein.
Mit diesem Dokument rufen sie die Regierung auf, Sofortmaßnahmen zur Unterstützung des Lebens in ihren Territorien zu ergreifen. Sie sehen sich durch den bewaffneten Konflikt bedroht und fordern eine umfassende staatliche Strategie zum Schutz der Menschenrechte und der sozialen Aktivist:innen.
Laut Berichten von Indepaz wurden seit 2016 1.300 Morde an Anführer:innen von sozialen Bewegungen registriert. Für jene Opfer wurde in Bogotá am Mittwochabend auch eine Gedenkfeier abgehalten.