Mexiko-Stadt/Chilpancingo. Polizisten haben bei einer Straßensperre im Bundesstaat Guerrero einen Studenten der Lehramtsschule von Ayotzinapa erschossen.
Bei dem Vorfall am 7. März wurde der 23-jährige Yanqui Kothan Gómez Peralta getötet. Ein weiterer Student soll verletzt worden sein. Er wurde festgenommen und am Freitagabend wieder freigelassen.
Vertreter der Regierung von Guerrero argumentierten, der Vorfall sei nicht explizit gegen Ayotzinapa-Studierende gerichtet gewesen. Vielmehr habe es sich um eine Verfolgung eines als gestohlen gemeldeten Pick-ups gehandelt, erklärte Brigadegeneral Rolando Solano Rivera. Rivera leitet seit einem Monat das Ministerium für öffentliche Sicherheit in dem Bundesstaat. Nachdem der Fahrer außerhalb der Hauptstadt Chilpancingo einen polizeilichen Haltebefehl nicht respektiert habe und aus dem Wagen Schüsse fielen, habe die Polizei das Feuer erwidert. Im Auto seien eine kleinkalibrige Pistole sowie "drei Beutel mit einer kristallinen Substanz" sichergestellt worden, erläutern die Behörden.
Eine Delegation der Studierenden der Lehramtsschule Raúl Isidro Burgos in Ayotzinapa bei Tixtla widersprach dieser Version und verurteilte den Angriff aufs Schärfste. Stunden zuvor wurde eine andere Gruppe von Studenten von Ayotzinapa an derselben Ausfahrtsstraße in Richtung Tixtla von Polizisten der Nationalgarde verbal bedroht.
Auch die lokale Menschenrechtsorganisation "Zentrum der Rechte der Gewaltopfer Minerva Bello" wies die Version der Regierung als "absurd" zurück und forderte eine unabhängige Aufklärung des tödlichen Vorfalls.
Die Studierenden von Ayotzinapa sowie die Mütter und Väter der 43 Verschwundenen der Hochschule haben in den letzten Tagen verschiedene Mobilisierungen durchgeführt, unter anderem aus ihrem Protestcamp vom Hauptplatz von Mexiko-Stadt aus.
Die Protestierenden fordern die Wiederaufnahme eines direkten Dialogs mit dem Präsidenten Andrés Manuel López Obrador. Weiter fordern sie die Veröffentlichung von Unterlagen im Besitz der Armee über das gewaltsame Verschwindenlassen der 43 Studenten und die Ermordung von sechs Personen in der Nacht vom 26. September 2014. Der direkte Dialog mit López Obrador war Anfang des Jahres abgebrochen worden (amerika 21 berichtete).
Erst am 6. März versuchte eine Delegation der Eltern der Verschwundenen vergeblich, ein Protestschreiben für den Präsidenten zu übergeben. Daraufhin zertrümmerten Protestierende einen Eingang des Präsidentenpalastes. Die Protestaktion führte zu einer Welle von Verurteilungen und Kriminalisierungen in regierungsnahen Medien.
Der Präsident konnte sein Wahlversprechen, das Schicksal der 43 verschwundenen Studenten aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, bisher nicht erfüllen. López Obrador brandmarkt neuerdings die Aktivisten und ihnen nahestehende Menschenrechtsorganisationen als "Provokateure" und sieht in deren Forderungen ein Komplott gegen seine Regierung.