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Wahlen in Brasilien: Furcht vor Gewalt und Fake News

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Jair Bolsonaro wird auch dieses Jahr einen Teil seiner Wahlkampagne über Telegram austragen. Aktivist:innen fürchten die Verbreitung von Fake News
Jair Bolsonaro wird auch dieses Jahr einen Teil seiner Wahlkampagne über Telegram austragen. Aktivist:innen fürchten die Verbreitung von Fake News

Brasília. Aus Angst vor Fake News und einem Anstieg der Gewalt ersuchen politische Gruppen in Brasilien bereits jetzt internationale Unterstützung und fordern Menschenrechtsbeobachtung bis zu den Präsidentschaftswahlen im Oktober.

Aus diesem Grund trafen sich vergangene Woche Vertreter:innen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) mit Aktivist:innen aus Brasilien. Gemeinsam besprachen sie die aktuelle Situation im Land. Die Aktivist:innen fordern aus Furcht vor einem starken Anstieg der Gewalt schon in der Vorwahlzeit von den internationalen Organisationen eine genaue Beobachtung und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen.

Die CIDH sicherte ein internationales Treffen zu, bei dem die Schwerpunkte der Beobachtung besprochen werden sollen, so beispielsweise der Fokus auf die Rechte von (Schwarzen) Frauen, Indigenen oder LGBTIQ-Personen. Ebenfalls soll alle zwei Monate ein Treffen mit den Aktivist:innen stattfinden, um sich über die Situation auszutauschen.

Auch das Wahlbündnis, das sich um den Präsidentschaftskandidaten Luiz Ignacio Lula da Silva zusammengeschlossen hat, zeigt sich besorgt. Mit den Worten "Es ist ein Kampf der Demokratie gegen den Autoritarismus" fordert Gleisi Hoffmann, die Vorsitzende der Arbeiterpartei PT auf einer Versammlung in São Paulo den entschlossenen Kampf gegen Fake News: "Alles, was von Bolsonaro kommt, ist eine Lüge".

Der amtierende Präsident Jair Bolsonaro war in den vergangenen Jahren immer wieder wegen der Verbreitung von Fake News via Telegram in die Kritik geraten. Das Oberste Bundesgericht ermittelte deshalb gegen ihn (amerika21 berichtete).

Auch im diesjährigen Wahlkampf nutzt Bolsonaro einen Telegram-Kanal, über den er seine Wählerschaft täglich mit neuen Informationen versorgen will. In den vergangenen Wochen kritisierte er vor allem die elektronischen  Wahlurnen und erklärte, dass diese zu Wahlbetrug führen würden.

Letícia Cesarino, Professorin an der staatlichen Universität von Santa Catarina, forscht zum Thema Fake News und Gewalt. Sie kritisiert, dass Bolsonaro, wie auch ultrarechte Gruppen die Unsicherheit der Lesenden instrumentalisieren und ausnutzen würden. Durch die geschürte gemeinsame Angst entstünde eine Art Netzwerk, das zu einer loyalen Gemeinschaft werde.

Besonders im Hinblick auf die anstehenden Wahlen könne dies gefährlich werden. Cesarino stellt fest, dass wieder vermehrt Ultrarechte auf Telegram unterwegs sind. "Das größte Problem sind nicht die, die die elektronischen Wahlurnen kritisieren, sondern diejenigen, die die Legitimität der Institution in Frage stellen", mahnt sie.

Nach aktuellen Umfrageergebnissen von Datafolha liegt Lula da Silva bei den Wähler:innen mit 48 Prozent der Stimmen vorne. Dies legt die Chance nahe, dass er die Wahl bereits im ersten Durchgang gewinnen könnte. Bolsonaro bekam in der Umfrage nur 27 Prozent der Stimmen, Ciro Gomes sieben Prozent. Insgesamt vereinen Lulas Kontrahenten 40 Prozent der Stimmen.