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Regierung in Chile plant umfassendes Hilfspaket gegen steigende Inflation

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Boric: Die Sozialleistungen sollen durch Mehreinnahmen bei der diesjährigen Einkommensteuer finanziert werden
Boric: Die Sozialleistungen sollen durch Mehreinnahmen bei der diesjährigen Einkommensteuer finanziert werden

Santiago. Mit einem Maßnahmenpaket von umgerechnet 1,2 Milliarden US-Dollar will Chiles Präsident Gabriel Boric mit Blick auf den Winter vor allem Familien und Geringverdienende schnellstmöglich finanziell entlasten. Angesichts rasant steigender Lebensmittel- und Kraftstoffpreise und einer Inflationsrate von 0,9 Prozent allein im Juni sieht sich das linke Wahlbündnis Apruebo Dignidad zum Handeln gezwungen. Aufs Jahr gerechnet liegt die Inflationsrate gar bei einem Rekordhoch von 12,5 Prozent und damit so hoch wie zuletzt 1994.

Im dritten Jahr der Corona-Pandemie machen der neuen Regierung vor allem zwei Entwicklungen zu schaffen. Zum einen sind dies die weltweit steigenden Rohstoff- und Kraftstoffpreise als Folge des Ukraine-Kriegs. Zum anderen verliert die chilenische Währung gegenüber dem Dollar fortlaufend an Wert. Beides führt zu verteuerten Grundnahrungsmitteln und Kraftstoffen, die wie etwa Benzin zu 100 Prozent aus dem Ausland importiert werden müssen.

Das vergangene Woche von der Regierung vorgestellte Maßnahmenpaket sieht deshalb als Erweiterung des Hilfsplans Chile Apoya die finanzielle Unterstützung von rund 60 Prozent der Bevölkerung vor. Konkret umfasst dies einen sogenannten "Winterbonus" (bono invierno) in Höhe von 120.000 Pesos (120 Dollar), der rund 7,5 der 19 Millionen Chilen:innen zugutekommen würde. Außerdem wird die Elternzeit bis September um zwei Monate sowie der Arbeitgeberzuschuss bei Neuanstellungen bis Ende des Jahres verlängert.

Finanziert werden sollen die Sozialleistungen durch Mehreinnahmen bei der diesjährigen Einkommensteuer, wie Boric versichert: "Wir unternehmen alle Anstrengungen, um die von der Krise am stärksten betroffenen Sektoren zu unterstützen, ohne unsere Verpflichtung zu finanzieller Verantwortung aufzugeben". Das Hilfspaket muss jetzt aber noch den Kongress passieren, weshalb Boric mit Blick auf die Dringlichkeit der Umsetzung diesen um eine möglichst schnelle Verabschiedung bittet.

Doch gerade die Maßnahmen im Umgang mit den steigenden Kraftstoffpreisen stoßen bei der Opposition auf Widerwillen. Anstatt den Betroffenen Boni und Sozialleistungen auszuzahlen, fordert der Abgeordnete Álvaro Carter von der rechtskonservativen Unión Demócrata Independiente (UDI) das temporäre Einfrieren der Kraftstoffsteuer. Die von seiner Fraktion im Kongress eingebrachten Steuerreform würde die Teuerung des Benzins nicht nur beenden, sondern zugleich auch den Preis an der Zapfsäule um 300 Pesos (0,30 Dollar) senken, so das Argument.

Das Festhalten des progressiven Linksbündnisses an der Kraftstoffsteuer mit Blick auf eine "grüne Steuer" für mehr Umweltschutz und weniger Autonutzung sorgt in der gegenwärtigen globalen Rohstoffkrise ebenso für Diskussionen wie die Anfang Juli präsentierte, groß angelegte Steuerreform (amerika21 berichtete).

Mit der steigenden Inflations- und Kriminalitätsrate sieht sich der erst seit März regierende Boric großen gesellschaftspolitischen Herausforderung ausgesetzt, die sich auch auf seine Zustimmungswerte auswirken. 40-50 Prozent der Befragten lehnen ihn mittlerweile ab.