Brasilien / Politik

Wahlen in Brasilien: Hitzige Debatte zwischen Bolsonaro und Lula

brasilien_rededuell_vor_stichwahl_lula_bolsonaro.jpeg

Scharfes Wortgefecht: Die Kandidaten Lula da Silva und Jair Bolsonaro am Sonntag (Screenshot)
Scharfes Wortgefecht: Die Kandidaten Lula da Silva und Jair Bolsonaro am Sonntag (Screenshot)

São Paulo. Angesichts der bevorstehenden zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen hat die erste TV-Debatte zwischen dem amtierenden ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro und dem linksgerichteten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva stattgefunden.

Themen wie die Covid-19-Pandemie, Korruptionsvorwürfe, Sozialhilfemaßnahmen oder die gegenseitige Unterstellung der Verbreitung von Fake News sorgten für ein Wortgefecht zwischen beiden Kandidaten. Lula sagte, Bolsonaro sei "der König der fake news".

Zu Beginn dominierte Lula das Duell und attackierte Bolsonaro mit schweren Anschuldigungen bezüglich seines Pandemie-Managements. Er kritisierte die Zögerlichkeit des Präsidenten bei der Beschaffung von Impfstoffen und macht seine Regierung mitverantwortlich dafür, dass 680.000 Brasilianer:innen durch Covid-19 starben.

Während der gesamten Debatte warfen sich beide Kontrahenten Korruption vor. Bolsonaro konfrontierte Lula mit Korruptionsskandalen des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras, die während seiner Amtszeit zwischen 2003 und 2010 auftraten. "Wenn es bei Petrobras Korruption gab, wurde der Täter verhaftet, der gestohlen hat, und die Sache war erledigt. Er wurde verhaftet, weil es eine Untersuchung gab und in unserer Regierung nichts versteckt wurde", verteidigte sich Lula.

Bolsonaro musste sich hingegen der Beschuldigung stellen, mit Hilfe eines geheimen Haushalts Stimmen von Parlamentarier:innen des politischen Zentrums gekauft zu haben. "Ich habe mit diesem geheimen Haushalt nichts zu tun", dementierte Bolsonaro.

Auch die Sozialpolitik beider Regierungen führte zu Diskussionen im Duell. Beide beschuldigten sich, dass die jeweiligen Sozialhilfemaßnahmen ungenügend gewesen seien. Dabei betonte Lula, neben der Familienbeihilfe "Bolsa Familia" auch weitere Sozialhilfen geleistet zu haben. Durch seine Regierung habe es die größte Umverteilungspolitik gegeben, die das Land jemals für die Armen gekannt hätte.

Auf die Frage Lulas, wie viele Universitäten Bolsonaro eröffnet hat, wich dieser aus und erklärte, dass die Hochschulen aufgrund der Pandemie für zwei Jahre geschlossen waren und es keinen Sinn gemacht habe, weitere zu eröffnen. Zwischen 2003 und 2014 hatte die PT-Regierung insgesamt 18 Universitäten gegründet und 173 Hochschulzentren geschaffen. Unter Bolsonaro wurden nur sechs staatliche Universitäten und zwölf Campi erstellt.

Im dritten Gesprächsblock sprachen die Kontrahenten über die Abholzung des Regenwaldes. Lula erhob schwere Vorwürfe gegen die amtierende Regierung. Unter Bolsonaro habe es jedes Jahr neue Abholzungsrekorde gegeben. "Wir werden die Wahlen gewinnen, um den Amazonas schützen zu können und um zu verhindern, dass es eine Invasion in die indigenen Gebiete gibt", erklärte Lula. Zu seiner Verteidigung forderte Bolsonaro Lula auf, die Zahlen der Rodung zu "googeln". So würde er feststellen, dass in seiner Amtszeit die Abholzung des Regenwalds viel niedriger gewesen sei, als während der Lulas.

In seinem Schlusswort sagte Bolsonaro, er wolle ein "freies Land", in dem die "Meinungsfreiheit" gewahrt werde und seine Kinder nicht mit der "Gender-Ideologie" konfrontiert werden. Ein christliches Land ohne Abtreibung und ohne Drogen, mit dem Recht auf Privatbesitz und mit dem Recht auf dessen Verteidigung, so der aktuelle Staatschef.

Lula hingegen erklärte, dass er das Land demokratisch regieren wolle und dass besonders die arme Bevölkerung im Mittelpunkt seiner Politik stehen soll. "Ich bin derjenige, der die Demokratie verteidigt, viel mehr als er [Bolsonaro], der ein kleiner Diktator ist."

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl gewann Lula mit knappem Vorsprung. Am 30. Oktober findet die Stichwahl statt. Umfragen des Instituts Datafolha zufolge würden 47 Prozent für Bolsonaro stimmen. Mit 53 Prozent der Simmen liegt Lula derzeit vorne.