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Gericht in Brasilien entscheidet: Regierung muss Klimafonds reaktivieren

Unterlassung staatlicher Klimamaßnahmen für verfassungswidrig erklärt. Regierung muss Klimafonds umsetzen, auch um Entwaldung zu reduzieren

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Die Regierung muss nun Maßnahmen für die Umsetzung des Klimafonds ergreifen
Die Regierung muss nun Maßnahmen für die Umsetzung des Klimafonds ergreifen

Brasília. Der Oberste Gerichtshof Brasiliens hat in einem Urteil zum nationalen Klimaschutz einer Klage mehrerer Oppositionsparteien stattgegeben.

Die Parteien PT, PSOL, PSB und Rede Sustentabilidade warfen in ihrer Klage aus dem Jahr 2020 der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro vor, dass sie die Mittel des Nationalen Fonds für den Klimawandel (Fundo Nacional sobre Mudança do Clima) nicht für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und die Bekämpfung der illegalen Abholzung im Amazonasgebiet einsetzt.

Im September 2020 hielt das Gericht dazu eine öffentliche Anhörung ab, an der Wissenschaftler, Akademiker, Vertreter der Zivilgesellschaft und indigener Gruppen teilnahmen.

Mit einem Mehrheitsbeschluss von zehn Ja-Stimmen und nur einer Gegenstimme entschied das Gericht nun in einer virtuellen Sitzung, dass die Regierung die verfassungsrechtliche Verpflichtung für den nationalen Klimaschutz hat und fordert sie auf, die erforderlichen Maßnahmen für den Betrieb des Klimafonds zu ergreifen und die entsprechenden Mittel zuzuweisen.

Richter Luis Roberto Barroso, Berichterstatter für die Klage, verwies auf den enormen Anstieg der Abholzung im Amazonasgebiet im Jahr 2021. Brasilien ist der fünftgrößte CO2-Emittent der Welt und die Abholzung ist die größte Emissionsquelle des Landes. In 2021 stieg die Entwaldung um mehr als 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, zu 2018 sogar um 76 Prozent.

Der Klimafonds wurde 2009 im Rahmen des nationalen Klimapolitikplans eingerichtet und finanziert Projekte, Studien und betriebliche Maßnahmen, die auf die Verringerung von Treibhausgasemissionen und die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels abzielen. Er ist an das Umweltministerium (MMA) angebunden und stellt Finanzmittel in zwei Modalitäten zur Verfügung: rückzahlbar und nicht rückzahlbar. Die rückzahlbaren Mittel werden von der Brasilianischen Entwicklungsbank und die nicht erstattungsfähigen Mittel vom MMA verwaltet.

Seit 2019, dem ersten Amtsjahr von Bolsonaro, ist der Fonds jedoch lahmgelegt. Im selben Jahr und 2020 hatte die Regierung die für den Fonds eingeplanten Haushaltsmittel nicht vollständig zugeteilt. Zudem wurden seither weder Jahrespläne erstellt, noch Gelder zur Unterstützung von Projekten zur Eindämmung des Klimawandels ausgezahlt.

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Laut Richter Roberto Barroso geht aus den Informationen des Umweltausschusses des Senats hervor, dass die finanzielle Schwächung des Fonds eine "bewusste Entscheidung der Exekutive" mit dem Ziel war, die Zusammensetzung des Lenkungsausschusses zu ändern.

Die Expertin für Klimapolitik der Klimabeobachtungsstelle, Suely Araújo, begrüßte den Sieg der Klägerparteien. "Dieses Urteil wird in der Praxis eine viel größere Reichweite haben als der Klimafonds: Das Urteil zu ADPF 708 bringt den grundlegenden Präzedenzfall, dass die Unterlassung von Mitteln, die für die Klimapolitik bestimmt sind, verfassungswidrig ist. Die öffentliche Hand hat nicht das Recht, sich aus der Politik in diesem Bereich zurückzuziehen", erklärte Suely.

Tatsächlich hatte die Regierung Bolsonaro die Arbeit einer Reihe zentraler Wald- und Klimaschutzinstrumente eingeschränkt oder behindert. Unter anderem wurden die Finanzmittel des Amazonienfonds eingefroren (amerika21 berichtete) und die wichtigste Behörde für die Durchsetzung des Umweltrechts (Ibama) geschwächt. Erst wurden der Behörde, die dem Umweltministerium untersteht, massiv Gelder und Personal gekürzt (amerika21 berichtete) und anschließend weniger als 41 Prozent ausgegeben, nachdem der Kongress die Finanzierung der Institution aufgestockt hatte.

Richter Edson Fachin folgte dem Votum von Barroso, forderte aber, dass die Regierung einen vierteljährlichen Bericht veröffentlicht, der den Anteil der Ausgaben des Fonds in den fünf Sektoren Energie, Industrie, Landwirtschaft und Viehzucht, Landnutzung und Abfall darlegen soll. Des Weiteren soll die Regierung regelmäßig ein nationales Treibhausgasinventar erstellen, dass über die Emissionen der Staaten und Gemeinden berichtet.

Mindestens zwei weitere Entscheidungen zu Klimaklagen stehen jetzt noch beim Gericht aus. Eine fordert die ordnungsgemäße Umsetzung des zentralen Instruments zur Verhinderung und Kontrolle der Entwaldung im Amazonasgebiet. Die andere richtet sich gegen die Auflösung des Steuerungskomitees des Amazonienfonds, in dem Vertreter:innen der Zivilgesellschaft einen Sitz hatten.

Aufgrund der Änderung der Governancestruktur setzten die internationalen Geldgeber des Fonds Norwegen und Deutschland weitere Mittelzusagen für den wichtigsten Finanzierungsmechanismus für den Amazonaswaldschutz aus.