Brasilien: Nationaler Indigenenverband verklagt französische Supermarktkette

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Eine Delegation des Indigenenverbands APIB sagte vor dem Tribunal Judiciaire de Paris aus
Eine Delegation des Indigenenverbands APIB sagte vor dem Tribunal Judiciaire de Paris aus

Paris/Brasília. In Paris hat die erste Anhörung im Fall um den französischen Supermarktkonzern Casino stattgefunden. Brasiliens indigenen Dachverband Apib (Articulaçao dos Povos Indígenas do Brasil) hatte den Konzern zusammen mit zehn weiteren Indigenen- und Umweltorganisationen aus Frankreich und Kolumbien verklagt. Sie werfen ihm den Verkauf von Erzeugnissen des Fleischproduzenten JBS vor, die durch Landraub und illegale Abholzung erwirtschaftet wurden.

Die brasilianische Aktiengesellschaft JBS S. A. ist der größte Fleischproduzent der Welt und das größte Fleischverarbeitungsunternehmen in Südamerika.

In Brasilien und Kolumbien ist Casino mit den Supermarktketten Pao de Açucar und Grupo Exito vertreten.

Insgesamt 50.000 Hektar Regenwald sollen durch die Produktion der JBS-Lebensmittel vernichtet worden sein. Auch die Rechte indigener Völker seien verletzt worden, indem Rinder für Pao de Açucar auf dem Gebiet eines Indigenenreservats im Bundesstaat Rondônia gezüchtet wurden. Die Anklage stützt sich auf eine Studie des Center for Climate Crime Analysis in Den Haag.

Das Gericht schlug am vergangenen Donnerstag eine Mediation vor, für die sich die Anwält:innen beider Seiten im Juli treffen sollen. Die nächste gerichtliche Anhörung findet am 15. September statt.

Eine Delegation der Apib sagte vor dem Tribunal Judiciaire de Paris aus und wurde dabei von französischen Umweltorganisationen unterstützt. Die Klage stützt sich auf das 2017 in Frankreich verabschiedete Sorgfaltspflichtgesetz. Unternehmen mit mehr als 5.000 Arbeitnehmer:innen sind demnach verpflichtet, in den Lieferketten ihrer Produkte die Menschenrechte zu achten und die Umwelt zu schützen. Das Gesetz sieht Entschädigungen für Unterlassungsfälle vor.

Die Kläger fordern eine Entschädigung in Höhe von 3,25 Millionen Euro für Umweltschäden sowie 10.000 Euro für immaterielle Schäden für jede der elf betroffenen Gruppen. Außerdem fordern sie den Konzern auf, seine Lieferketten strenger zu kontrollieren, um die korrekte Herkunft des verkauften Fleisches sicherzustellen.

Das Verfahren hat bahnbrechenden Charakter, weil es erstmals einen europäischen Lebensmittelriesen für die Folgen seines Tuns im Globalen Süden zur Verantwortung zieht.

Die siebenköpfige Apib-Delegation besuchte Paris und Brüssel vom 8. bis 16. Juni 2022, um der ihrer Meinung nach "umweltzerstörenden und völkermörderischen" Politik der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro entgegenzutreten.

Dabei treffen sich die Apib-Vertreter mit Kommissionen des Europäischen Parlaments, um an der Debatte über das Gesetz zur Einfuhr von Waldrisikorohstoffen (Ferc) teilzunehmen. Daneben sprechen sie mit Abgeordneten des Parlaments und seiner Umweltkommission sowie Mitgliedern der deutschen Partei Bündnis 90/Die Grünen.

Diese Treffen sind von großer Bedeutung, da Europa der zweitgrößte Absatzmarkt für in Brasilien produziertes Soja und ein wichtiger Importeur von brasilianischem Rindfleisch ist.