Keine Panzermunition für die Ukraine: Brasilien weist deutsches Gesuch zurück

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Brasilianischer Leopard 1 Panzer während der Parade zum Unabhängigkeitstag 2009 in Brasília
Brasilianischer Leopard 1 Panzer während der Parade zum Unabhängigkeitstag 2009 in Brasília

Brasília. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat das Ersuchen der deutschen Regierung abgelehnt, Panzermunition in die Ukraine zu liefern. Dies berichtete die brasilianische Tageszeitung Folha de S.Paulo.

Die am Freitag bekannt gewordene Entscheidung wurde laut der Zeitung bereits am 20. Januar bei einer Zusammenkunft der regierenden Arbeiterpartei (PT) mit hochrangigen Mitgliedern der brasilianischen Streitkräfte und dem Verteidigungsminister José Múcio getroffen.

Laut Medienberichten erfolgte die Anfrage nach Leopard 1-Munition, da Berlin der Ukraine ursprünglich das Vorgängermodell des Leopard 2 liefern wollte. Der Hersteller Rheinmetall habe 88 auf Lager, das Problem sei die Munition gewesen. Nach Angaben des International Institute for Strategic Studies in London verfügt Brasilien über 261 Leopard 1 Panzer. Die deutsche Regierung habe bereits 2022 Munition für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard von Brasilien zurückkaufen wollen, um sie an die Ukraine zu liefern. Der damalige Präsident Jair Bolsonaro habe jedoch abgelehnt.

Brasilien votierte zwar im März 2022 bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen für die Resolution, die Russlands Einmarsch in die Ukraine "missbilligte", nahm jedoch in der Folge eine neutrale Haltung ein und verweigerte ‒ wie die Mehrheit der lateinamerikanischen Staaten ‒ die Teilnahme an den Sanktionen gegen Russland. Bolsonaro begründete dies in erster Linie mit der Abhängigkeit von Düngemittellieferungen: Die brasilianische Agrarindustrie führt 85 Prozent ihres Bedarfs aus der Russischen Föderation ein.

Lula da Silva hatte, damals noch als Präsidentschaftskandidat, scharfe Kritik an der Europäischen Union, den USA und an dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geübt und ihnen eine Mitverantwortung am Krieg vorgeworfen. US-Präsident Joe Biden habe "nichts getan, um den Krieg zu verhindern". Russland hätte nicht in die Ukraine einmarschieren dürfen, betonte Lula, "aber es ist nicht nur Putin, der schuldig ist. Die USA und die EU tragen ebenfalls Schuld": Sie hätten der russischen Regierung zusichern müssen, dass die Ukraine nicht der Nato beitreten werde, "das hätte das Problem gelöst", sagte der PT-Politiker im Gespräch mit dem US-Wochenmagazin "Time" im Mai 2022. Selenskyj warf er vor, er habe "den Krieg gewollt", sonst hätte er "mehr verhandelt" und vorgeschlagen, "über die Nato- und EU-Mitgliedschaft weiter zu diskutieren".

Die Sanktionen gegen Russland lehnte Lula ab, sie beeinträchtigten auch die Wirtschaft anderer Regionen. "Jetzt müssen wir die Rechnung für den Krieg bezahlen. Auch Argentinien und Bolivien werden zahlen müssen. Sie bestrafen nicht Putin. Sie bestrafen viele verschiedene Länder, sie bestrafen die Menschheit."

Er hatte zudem vorgeschlagen, dass die Brics-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) eine Rolle bei der Suche nach einer Verhandlungslösung spielen soll. Er sei bereit, als Unterhändler zu fungieren (amerika21 berichtete). Der Frieden könne "am Tisch in einer Bar" erreicht werden, zeigte Lula sich überzeugt.

Am vergangenen Mittwoch hat die deutsche Regierung bekanntgegeben, dass sie der Ukraine 14 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A6 liefern wird. Zu dem "Paket" gehörten neben der Ausbildung der Besatzungen durch die Bundeswehr auch Logistik, Munition und Wartung. Am Tag zuvor hatte Außenministerin Annalena Baerbock im Europarat mit den Worten "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland, nicht gegeneinander", zum Zusammenhalt der westlichen Länder aufgerufen und damit international für Aufsehen gesorgt.

Unterdessen ist Bundeskanzler Olaf Scholz am gestrigen Samstag zu seiner ersten Lateinamerika-Reise gestartet. Er besucht Argentinien, Chile und Brasilien. Laut Bekanntmachung der Bundesregierung wird Scholz mit seinen lateinamerikanischen Amtskollegen "unter anderem über die Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sprechen. Im Fokus dabei: die Erhaltung einer multipolaren, regelbasierten Ordnung."