"Verbrechen ohne Antwort": Brasilien gedenkt Marielle Francos an ihrem 5. Todestag

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Vor dem Eingang des Museo de Arte de Río ist eine elf Meter hohe Metallskulptur mit dem Bildnis Francos aufgestellt worden
Vor dem Eingang des Museo de Arte de Río ist eine elf Meter hohe Metallskulptur mit dem Bildnis Francos aufgestellt worden

Brasília/Rio de Janeiro et al. Zum fünften Jahrestag des politischen Attentats auf die schwarze Stadträtin Marielle Franco haben Soziale Bewegungen am 14. März der Politikerin gedacht.

In den Großstädten wurde Franco als Ikone der Gleichberechtigung mit Diskussionsforen, einer Ausstellung in Brasília und Musikevents geehrt. In ihrer Heimatstadt Rio de Janeiro ist vor dem Museo de Arte eine elf Meter hohe Metallskulptur des Künstlers Paulo Nazareth mit ihrem Bildnis aufgestellt worden.

Wenn sie von sich selbst sprach, habe sich Marielle Franco oft und mit Stolz als "Frau, Schwarze, Mutter und Kind der Favela" beschrieben, berichtet die Zeitung Carta Capital. Sie trat für die Rechte von Minderheiten und unterdrückten Gruppen ein. "Marielle hat eine Gesellschaft repräsentiert, die nicht die Wiederholung der Logik des Machismo fortsetzt, des Patriachats, der LGBT-Phobie und des strukturellen Rassismus", erklärte Mônica Benício, die langjährige Partnerin und Witwe Francos. Ihre Wahl zur Stadträtin in Rio 2016 sei "die Antwort der Gesellschaft auf einen kollektiven Wunsch gewesen", so Benício.

Zum Jahrestag des Mordes sagte Justizminister Flávio Dino von der Arbeiterpartei (PT), Franco sei zweimal getötet worden: "Marielle wurde ermordet und am nächsten Tag haben Politiker und staatliche Autoritäten, darunter die Justiz, sich damit beschäftigt, sie erneut zu töten". Bis heute sei das so.

Die Regierung von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva unternimmt nun Anstrengungen, um das Motiv zu klären und die Auftraggeber des Attentats zu identifizieren. Die Bundespolizei leitet die Ermittlungen. Im Februar wurde eine Task Force eingesetzt, um Fortschritte bei der Untersuchung des Falls zu erreichen.

"Wir tun das Äußerste, um dazu beizutragen dieses Verbrechen aufzuklären", twitterte der Justizminister. Dies sei laut Dino "eine Frage der Ehre" für die Regierung von Lula.

"Ich bin nicht frei, solange eine Frau eine Gefangene ist. Auch wenn ihre Ketten anders sind als meine", erklärte Franco noch 30 Minuten bevor sie im Zentrum von Rio de Janeiro ermordet wurde. Das Zitat hatte sie von der US-amerikanischen Aktivistin Audre Lorde geliehen, die sich für Frauenrechte und die Rechte von Schwarzen und Homosexuellen einsetzt.

Franco kam abends von einer Rede auf dem Event "Junge Schwarze Frauen verändern Strukturen", als die 38-jährige Politikerin von der Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) und ihr Chauffeur Anderson Gomes im Auto mit 13 Schüssen getötet wurden.

Marielle Francos Mutter hat die Hoffnung, dass der Mord an ihrer Tochter restlos aufgeklärt wird. Gegen die schleppende polizeiliche Ermittlung unter der Regierung von Jair Bolsonaro haben die Familienangehörige Francos und Teile der Bevölkerung immer wieder protestiert. Soziale Bewegungen verlangten diese Woche erneut die Aufklärung dieses "Verbrechens ohne Antwort".

Präsident Lula da Silva hat vorgeschlagen, den 14. März als nationalen Marielle-Franco-Gedenktag festzulegen ‒ als Tag an dem die Gesellschaft für die Eindämmung von politischer Gewalt, Genderungerechtigkeit und Rassismus weiter sensibilisiert werden könnte.

Zwei Ex-Polizisten sind seit 2019 als unmittelbare Täter inhaftiert, Ronnie Lessa und Élcio de Queiroz. Lessa wird beschuldigt, die Schüsse auf das Auto abgefeuert zu haben, Queiroz soll das Tatauto gefahren haben. Beide Ex-Polizisten stehen den Milizen nahe, paramilitärischen Gruppen in Rio de Janeiro. Lessa hat in Rios noblen Stadtteil Barra da Tijuca mit seiner Familie in der gleichen Wohnanlage wie Ex-Präsident Jair Bolsonaro gewohnt (amerika21 berichtete).

Während Bolsonaros Amtszeit sind polizeiliche Ermittlungen im Mordfall Franco erschwert worden. In vier Jahren wurden fünf Kommissare von dem Fall abgezogen. Der Auftraggeber wurde bislang nicht identifiziert.