Brasilien / Umwelt

Abholzungen im Cerrado in Brasilien auf Rekordwert der vergangenen fünf Jahre

Entwaldung erreicht neuen Höchstwert seit 2019. Insgesamt kein Abwärtstrend trotz sinkender Abholzungsrate im Amazonas

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Die Entwaldung in der Cerrado-Region nahm von Januar bis April um fast 15 Prozent zu.
Die Entwaldung in der Cerrado-Region nahm von Januar bis April um fast 15 Prozent zu.

São Paulo. Die Entwaldung im Cerrado hat in den ersten vier Monaten der neuen Amtszeit von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva deutlich zugenommen.

Das nationale Weltraumforschungsinstitut (INPE), das regelmäßig die Entwaldungsdaten des staatlichen Echtzeit-Überwachungssystems Deter veröffentlicht, meldete für den Zeitraum von Januar bis April eine Rekordabholzung von 2.133 Quadratkilometern (km²) in der zentralbrasilianischen Feuchtsavanne. Demnach nahm die Entwaldung in den vier Monaten um 14,5 Prozent zu und erreichte den höchsten Wert der vergangenen fünf Jahre.

Wie die Tageszeitung Folha de S. Paulo berichtet, wurden den neuesten Deter-Daten zufolge alleine im April 2023 über 709 km² Wald gerodet, mehrheitlich zur Ausweitung des Sojabohnenanbaus. Damit verzeichnete der April ebenso einen neuen Höchstwert seit 2019, dem ersten Amtsjahr von Ex-Präsident Jair Bolsonaro. Die gerodete Fläche entspricht etwa der Größe der Hauptstadt des Bundesstaats Goiás, Goiânia.

Etwa 80 Prozent der beobachteten Waldvernichtung fand in der von den Bundesstaaten Maranhão, Tocantins, Piauí und Bahia gebildeten "neueren Agrarfrontregion" Matopiba statt. Das brasilianische Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen (Ibama) spricht von einem "Gürtel der Entwaldung".

Im Gegensatz zum Negativtrend im Cerrado zeigen die neuesten Abholzungsdaten im Amazonasgebiet eine positive Entwicklung. Im April betrug die entwaldete Fläche "nur"  287,7 km² und sank damit um 72 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Insgesamt wurden zwischen Januar und April 2023 knapp 1.132 km² Regenwald gerodet, ein Minus von 38 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, wie das INPE mitteilte. Dennoch ist die Abholzungsrate noch weit entfernt vom "Nullentwaldungsziel", das Präsident Lula während seines Wahlkampfs versprach.

Suely Araújo, Senior Expertin für Public Policy bei der Klimabeobachtungsstelle (OC), ist der Ansicht, dass die Entwaldung im Cerrado und in anderen Biomen gemeinsam bekämpft werden sollte, was die Ausarbeitung von Plänen erfordert.

Noch in diesem Monat will Lulas Regierung die Aktualisierung des Plans zur Verhinderung und Kontrolle der Entwaldung in Amazonien (PPCDam), dem wichtigsten Instrument zur Bekämpfung der Entwaldung im Amazonas, abschließen. Der neue Text wird derzeit vom Ministerium für Umwelt und Klimawandel (MMA) überarbeitet, nachdem in einer öffentlichen Konsultationsphase über 500 Anmerkungen zur Verbesserung eingingen. Im Juli soll laut MMA die Aktualisierung des PPCerrado folgen, der auf den 2010 gestarteten PPCDam zurückgeht.

Für Araújo reichen die bisherigen Pläne allerdings nicht aus und die Regierung müsse die Kontrollen gegen illegale Aktivitäten verstärken. Auch wenn die Entwaldungsrate in Teilbereichen des Amazonas zuletzt gesunken ist, verzeichnete das Gebiet im 4-Monatszeitraum nach wie vor hohe Entwaldungszahlen, erklärt sie.

Auch Mariana Napolitano, wissenschaftliche Leiterin beim WWF Brasilien, sieht in den April-Zahlen noch keinen Grund zur Ruhe: "Wir können nicht von einem Abwärtstrend bei der Entwaldung im Amazonasgebiet sprechen". Denn obwohl die für die illegalen Rodungen günstige Trockenzeit noch nicht begonnen habe, seien die Entwaldungszahlen "auf einem sehr hohen Niveau".

Nach Angaben der Umweltorganisation erreichte die kumulierte Abholzung im Zeitraum von August 2022, dem Jahresanfang bei der Deter-Messung, bis April 2023 bereits 5.936 km², der bisher höchste Wert in der Region.

Deter misst die entwaldete Fläche und gibt Warnmeldungen an das Ibama und andere Umweltbehörden heraus, um die Kontrollmaßnahmen gezielt zu unterstützen. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Indikator für die Entwaldung, zeigen aber aufgrund einer gewissen Ungenauigkeit nicht die endgültigen Entwaldungsdaten. Die finalen und genaueren Daten liefert das gleichfalls vom INPE eingesetzte Satellitenbeobachtungssystem Prodes, welches die jährliche Entwaldungsrate ermittelt.