Puerto Iguazú. Der 62. Mercosur-Gipfel ist am Mittwoch ohne eine gemeinsame Erklärung beendet worden. Uruguays Staatschef verweigerte die Unterschrift, da er seine Forderung nach Flexibilisierung des Statuts nicht durchsetzen konnte.
Die Präsidenten der Mitgliedsstaaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay einigten sich indes darauf, die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union (EU) in diesem Jahr abzuschließen.
Das Abkommen wurde 2019 unterzeichnet, liegt aber seither auf Eis. Die EU fügte neue Umweltauflagen hinzu, Argentinien und Brasilien fordern Änderungen im Vertragstext.
In seiner Eröffnungsrede betonte Argentiniens Präsident Alberto Fernández dass "niemand uns dazu verdammen kann, die Lieferanten von Rohstoffen zu sein, die andere industriell verarbeiten und dann zu überhöhten Preisen an uns verkaufen". Es gehe darum, "dem, was wir produzieren, einen Mehrwert zu verschaffen, um Protagonisten der Zukunft zu sein". Entsprechend müsse ein "ausgewogenes" Abkommen mit der EU zustande kommen und die Interessen der Region gewahrt werden.
Seine Regierung trage das Abkommen in der jetzigen Form nicht mit, da "der Mercosur derjenige war, der am meisten gegeben hat, denn er war der Block mit dem niedrigsten relativen Entwicklungsstand in dem Abkommen", betonte Fernández und kritisierte "eine Vision, die sich zu sehr auf die Umwelt konzentriert, ohne die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen: Umwelt, Wirtschaft und Soziales".
Der EU warf er vor, sie habe Entscheidungen mit einseitigen Umweltzielen getroffen, "die die Regeln bei einem Abkommen völlig verändern, das die bereits bestehenden Asymmetrien nicht berücksichtigte". Diese Regeln verhinderten, "dass nationale Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt werden. Für uns ist die 'nationale Beschaffung' eine Priorität", sagte er.
Fernández übergab beim Gipfel die sechsmonatige Leitung des Mercosur an Brasilien.
In seiner Rede versprach Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, er werde während des Mercosur-Vorsitzes seines Landes einen ausgewogenen Vertrag mit der EU abschließen. Das Schreiben aus Brüssel vom März, in dem Sanktionen für den Fall angedroht werden, dass die Umweltstandards nicht eingehalten werden, bezeichnete er als inakzeptabel. "Strategische Partner verhandeln nicht auf der Grundlage von Misstrauen und der Androhung von Sanktionen. Der Mercosur muss unbedingt eine rasche und energische Antwort geben", so Lula. Auch er betonte: "Wir haben kein Interesse daran, ein Abkommen zu unterzeichnen, das uns zur ewigen Rolle des Rohstoffexporteurs verdammt."
Er werde sich zudem für die Schaffung einer regionalen Referenzwährung für den Handel im Bündnis einsetzen. Eine gemeinsame Währung für die Verrechnung von Transaktionen zwischen den Mitgliedsländern werde zur Kostensenkung beitragen und die Integration fördern.
In dem von Fernández, Lula und Paraguays Präsident Mario Abdo Benítez unterzeichneten Abschlussdokument heißt es, es sei notwendig, "einen Raum für politische Überlegungen über die Modernisierung des Blocks zu schaffen". Darin solle die Integration ihrer Volkswirtschaften sowie die Strategie für die internationale Integration auf einer einvernehmlichen Grundlage geschehen, um" die Herausforderungen eines sich wandelnden Weltszenarios zu bewältigen". Dieses sei geprägt von bedeutenden Veränderungen in Produktion und Beschäftigung, "mit sichtbaren Auswirkungen auf die Neugestaltung der globalen Wertschöpfungsketten".
Man sei übereingekommen, "an der Stärkung des inneren Zusammenhalts des Blocks zu arbeiten, (...) seine Einbindung in den internationalen Handel zu vertiefen und Mechanismen zu schaffen, die die Bildung nachhaltiger, fairer und widerstandsfähiger regionaler und regionenübergreifender Wertschöpfungsketten begünstigen".
Lacalle Pou wollte den Zusatz, dass das Gründungsstatut des Mercosur flexibler gestaltet werden soll, so dass jedes Mitgliedsland Freihandelsabkommen schließen kann, ohne die Zustimmung der übrigen Länder des Blocks zu benötigen. Dies wurde abgelehnt.
Laut Statut dürfen die Mercosur-Staaten nur gemeinsam mit Drittstaaten über Freihandelsabkommen verhandeln. Uruguay drängt seit längerem auf eine Flexibilisierung. 2022 hatte Lacalle Pou ohne Abstimmung im Bündnis die Aufnahme in die Transpazifische Partnerschaft beantragt, ein Freihandelsabkommen zwischen elf Pazifikstaaten.
Das Gipfeltreffen verlief nicht ohne Konflikte. Es machte jedoch deutlich, dass die Mercosur-Staaten bestrebt sind, das Abkommen mit der EU voranzubringen und sie die Hoffnung teilen, dass der Vorsitz von Lula dazu dienen wird, eine faire Vereinbarung auszuhandeln.
An dem Gipfel nahm auch Boliviens Präsident Luis Arce teil, dessen Land sich seit Jahren um eine Vollmitgliedschaft im Mercosur bemüht. Er betonte, dass die Abhängigkeit vom US-Dollar verringert und die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen diversifiziert werden müssten. Strategische Allianzen mit anderen internationalen Akteuren wie China, die Alternativen zum Dollar im Handel und bei Investitionen bieten, sollten aufgebaut werden.