Boliviens Regierung legt Grundstein für Aufbau einer staatlichen Pharmaindustrie

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Ein Modell von einer Pharmaindustrie als Versorger der Bevölkerung in Bolivien gedacht
Ein Modell von einer Pharmaindustrie als Versorger der Bevölkerung in Bolivien gedacht

La Paz. Mit der Gründung eines neuen staatlichen Pharmazieunternehmens (Lifab) plant die bolivianische Regierung, öffentliche Mittel in Höhe von umgerechnet rund 485 Millionen US-Dollar in die Herstellung von Medikamenten auf chemischer Basis sowie anderer natürlicher und traditioneller Arzneimittel zu investieren. Der Minister für produktive Entwicklung und plurale Wirtschaft, Néstor Huan, kündigte den Bau von 13 Industrieanlagen in diesem Bereich bis 2027 an.

In der Gemeinde Santivañez des Departamento Cochabamba sollen neun Industrieanlagen für die Herstellung von chemischen Arzneimitteln und in der Gemeinde Sacaba des selben Departamento vier weitere für die Produktion natürlicher Heilmittel errichtet werden. Darüber hinaus sollen Rohstoffe wie Salze und Säuren, sowie medizinische Geräte, Glas- und Kunststoffbehälter produziert werden, um eine importunabhängige Produktion gewährleisten zu können. Diese Bestandteile werden derzeit alle vom Privatsektor importiert.

Die Ankündigung folgt auf die Entscheidung der Regierung vom 12. Oktober, das Dekret 5040 zu verabschieden, mit dem die Gründung von Lifab mit Mitteln aus dem Staatshaushalt beschlossen wwurde. Das Dekret stützt sich auf Artikel 41 der Verfassung, wonach der Staat der Bevölkerung den Zugang zu Arzneimitteln zu angemessenen Preisen garantieren soll. Die Versorgung sollte in erster Linie durch einheimische Arzneimittel erfolgen und das Recht auf Zugang unabhängig von Eigentums- und Vermarktungsrechten garantieren.

Die Erforschung der medizinischen Verwendung lokaler Heilpflanzen soll dabei eine wichtige Rolle spielen. Das Dekret 5040 betont die Entwicklung von Medikamenten, die das traditionelle Wissen der indigenen Bevölkerung einbeziehen. Bereits im vergangenen Jahr kündigte die Regierung an, dass das ebenfalls neu gegründete staatliche Unternehmen Kokabol in Sacaba eine Industrie für die Verarbeitung der Kokapflanze einrichten wird, um das Potenzial der einheimischen Pflanzen zu nutzen (amerika21 berichtete).

Das Projekt ist eingebettet in die auf Industrialisierung und Importsubstitution ausgerichtete Wirtschaftspolitik der Regierung von Präsident Luis Arce. Das Ministerium für produktive Entwicklung und plurale Wirtschaft verwies zudem auf die Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie, als die Bevölkerung unter dem immensen Preisanstieg für Medikamente litt. Mit dem neuen Projekt soll "eine strategische Reserve an Medikamenten und die Stabilität der Medikamentenpreise auf dem heimischen Markt" gewährleistet werden.

Der Präsident des bolivianischen Pharmaindustrieverbands Cifabol, Javier Lupo, äußerte sich skeptisch zu dem Projekt. Er sieht die Gefahr, dass nicht Importe substituiert werden, sondern die einheimischen Unternehmen darunter leiden werden. Die meisten der geplanten chemischen Arzneimittel würden bereits von der nationalen Pharmaindustrie hergestellt.

Lupo forderte die Regierung auf, ihre wirtschaftlichen und personellen Anstrengungen auf die Herstellung der für die Produktion notwendigen Rohstoffe zu richten, die bisher zu fast 100 Prozent importiert würden, oder auf Produkte wie Impfstoffe, die aufgrund ihrer Komplexität oder ihrer Kosten bisher nicht im Land hergestellt werden.