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Bolivien: Regierung kritisiert US-Memorandum als Einmischung in nationale Drogenpolitik

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"Tag des Koka-Kauens" in Bolivien: Die MAS-Regierungen setzen sich seit Jahren international für die Entkriminalisierung des traditionellen und kulturellen Gebrauchs von Koka-Blättern ein
"Tag des Koka-Kauens" in Bolivien: Die MAS-Regierungen setzen sich seit Jahren international für die Entkriminalisierung des traditionellen und kulturellen Gebrauchs von Koka-Blättern ein

La Paz. Der bolivianische Regierungsminister Eduardo Del Castillo hat ein Memorandum von US-Präsident Joe Biden über die wichtigsten Anbau- und Transitländer für illegale Drogen zurückgewiesen. In dem am vergangenen Freitag veröffentlichten Bericht wird Bolivien neben Myanmar und Venezuela als eines von drei Ländern genannt, die ihre internationalen Verpflichtungen zur Bekämpfung des Drogenhandels im letzten Jahr nicht erfüllt hätten.

Im Schreiben des US-Präsidenten wird weiter angeführt, "dass die Programme der Vereinigten Staaten, die Bolivien (…) unterstützen, für die nationalen Interessen der Vereinigten Staaten von entscheidender Bedeutung sind". Die US-Regierung dränge deshalb Bolivien dazu, "die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern weiter auszubauen, um transnationale kriminelle Netzwerke zu zerschlagen".

Del Castillo, der in der bolivianischen Regierung für die innere Sicherheit zuständig ist, erklärte in den sozialen Medien, dass "es sich um ein einseitig verfasstes Dokument handelt, dem es an fachlicher Unterstützung mangelt, das eindeutig (geo-)politische Absichten verfolgt und gegen internationale Verträge über die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität (…) verstößt".

Zudem weist Del Castillo die Vorwürfe des angeblich fehlenden Kampfs gegen den Drogenhandel zurück und verweist auf nationale Fortschritte. Auf Facebook zeigte sich der Regierungsminister bei der Zerstörung von Kokainlaboren, dessen Zahl er in diesem Jahr auf 23 beziffert.

Der Anbau der Kokapflanze, der in Bolivien traditionell betrieben wird, ist in dem Andenstaat legal. Seit Jahren kämpft das Land für die weltweite Legalisierung des Handels und des Konsums des reinen Kokablattes (amerika21 berichtete). Die von der US-Regierung geforderte Zerstörung von Anbauflächen führt daher immer wieder zu Konflikten.

Seit die bolivianische Regierung 2008 die US-Drogenbehörde DEA des Landes verwiesen hat, erkenne die US-Regierung den Kampf gegen den Drogenhandel in Bolivien nicht an, so Del Castillo. Dem Ex-Minister Juan Ramón Quintana zufolge war die DEA schon immer ein imperialistisches Projekt: "Der antikommunistische Krieg wurde durch den Krieg gegen die Drogen ersetzt", der erlaubt habe, "in die inneren Angelegenheiten Boliviens einzugreifen".

Regierungsminister Del Castillo hebt auch den "übermäßigen Konsum illegaler Drogen" in den USA hervor, der "zu einem unkontrollierten Anstieg der internationalen Nachfrage nach Drogen führt".

In diesem Sinne beschreibt die Politikwissenschaftlerin Meropi Tzanetakis vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien den Rahmen der heutigen globalen Antidrogenpolitik als "Zusammenwirken von Einschätzungen und Moralvorstellungen (…), bei dem sich insbesondere in den USA vorherrschende Werte, Interessen und Ansprüche durchsetzen konnten". Dazu gehöre die Tatsache, dass internationale Verträge in erster Linie auf die Einschränkung des Angebots abzielten, während die Reduzierung der Nachfrage im Globalen Norden den nationalen Regierungen überlassen worden sei.