Mexiko-Stadt. Die mexikanischen Behörden haben weitere Schritte eingeleitet, um das Bergbauunternehmen Calica, das zum US-Unternehmen Vulcan Materials Company gehört, zu enteignen. Das Umweltministerium veröffentlichte dazu ein Beteiligungsverfahren, um rund 2.400 Hektar Land, auf denen auch der Standort des Kalkbergwerks liegt, zum Naturschutzgebiet zu erklären. Das Bergwerk befindet sich an der touristischen Riviera Maya, an der Küste des Bundesstaates Quintana Roo.
Dem Schritt ging eine nahezu persönliche Auseinandersetzung von Präsident Andrés Manuel López Obrador (Amlo) mit dem Konzern voraus. Immer wieder hatte er in seinen morgendlichen Pressekonferenzen dessen Praktiken attackiert. Zuletzt kündigte er im Oktober an, die Grundstücke vor Ende seiner Amtszeit im Dezember 2024 zum Naturschutzgebiet zu erklären.
Die Firma Calica erhielt erstmals 1986 eine Konzession, um aus dem Urwald der Halbinsel Yucatán Kalkstein zu entnehmen. Über den angrenzenden und von Vulcan Materials Company gebauten Hafen wird das Material in die USA exportiert, wo es in der Baustoffindustrie verwendet wird. Die erste Konzession erfolgte ohne feste Laufzeit und ohne ein maximal zu extrahierendes Volumen festzulegen. Konzessionen für weitere Areale in der Nähe wurden während der Präsidentschaft von Ernesto Zedillo 1996 und 2000 erteilt.
2018, in den letzten Monaten der Amtszeit von Präsident Enrique Peña Nieto, wurde das Werk erstmals geschlossen. Die Umweltstaatsanwaltschaft warf Calica vor, unangemessen hohe Mengen von kalkhaltigem Material zu extrahieren. In der Folge wurde die Arbeit an zwei Standorten beendet, während an einem Standort, La Rosita, der Abbau weiterging. Gleichzeitig rief Calica das Zentrum für die Beilegung internationaler Investitionsstreitigkeiten an und verlangte vom mexikanischen Staat Entschädigung für die Schließungen. Die Regierung schlug Calica 2022 vor, die bisher genutzten Standorte zu einem Preis von umgerechnet rund 347 Millionen Euro zu kaufen. Die Firma lehnte den Vorschlag ab. Sie ersuchte den US-Botschafter in Mexiko, in dem Konflikt zu vermitteln.
Anfang 2022 äußerte sich Amlo erstmals öffentlich zum Fall und erklärte, er habe mit Calica verhandelt, dass das Unternehmen freiwillig auf die Förderung von Kalkstein verzichte. Bei Kontrollflügen im Frühjahr stellte sich jedoch heraus, dass die Arbeiten im Bergwerk weitergingen ‒ für López Obrador ein Wortbruch. Wenige Tage später wurden Marinesoldaten geschickt, um dem Umweltministerium Zutritt zum Gelände La Rosita zu verschaffen.
Die Regierung wirft dem Konzern seitdem vor, schwere Umweltschäden verursacht zu haben. "Unter Wasser bauten sie Gestein ab, das sie zerkleinerten, um Stein, Sand und Kies per Schiff zu exportieren. Das Wasser stammte aus den zerstörten Unterwasserhöhlen, der Umleitung unterirdischer Flüsse und der illegalen Rückhaltung von Wasser, was die Strömungen veränderte und das gesamte Ökosystem störte", zitiert das Nachrichtenportal Infobae die Regierung. Calica habe mehr als 40 Millionen Kubikmeter Grundwasser aufgestaut, mehr als das 20-fache des nach der Konzession erlaubten. Durch die Aktivitäten des Konzerns sei die Artenvielfalt in der Umgebung stark beeinträchtigt worden, 529 Pflanzenarten und 143 Tierarten seien betroffen.
Allerdings hat Mexikos Präsident nicht nur den Umweltschutz vor Augen. Der Küstenstreifen soll touristisch weiterentwickelt werden. In unmittelbarer Nachbarschaft ist die Zugstrecke "Tren Maya" geplant. Materialien dafür könnten über den von Vulcan Materials Company gebauten Hafen angeliefert werden. Medien spekulieren, dass das Dock für Kreuzfahrtschiffe ausgebaut werden könnte.
Mit der Veröffentlichung des Beteiligungsverfahrens im Amtsblatt haben Bürger:innen nun 30 Tage Zeit, um Eingaben zum Verfahren zu machen. Danach hat der Präsident freie Hand, um das Dekret zur Enteignung der Grundstücke zu erlassen.